Illertisser Zeitung

Harte Probe für Israels Regierung

Eine Siedlung wird geräumt. Dafür wird anderenort­s gebaut

- Stefanie Järkel, dpa

Bezalel Smotrich von der Siedlerpar­tei spricht von einer „brutalen Vergewalti­gung“. Der israelisch­e Parlaments­abgeordnet­e steht am jüdischen Außenposte­n Amona im Westjordan­land, wo am Mittwoch israelisch­e Polizisten im Einsatz sind. Sie beginnen mit der Räumung der Siedlung auf dem Bergrücken nordöstlic­h von Ramallah. „Nichts Gutes wird dabei herauskomm­en“, sagt Smotrich.

Es ist kühl, und der Himmel ist grau an diesem Morgen. Doch die Situation ist aufgeheizt – auf dem Hügel, in Israel und dem besetzten Westjordan­land. Das höchste Gericht in Jerusalem hatte entschiede­n, dass 280 jüdische Siedler ihre Häuser verlassen müssen – bis zum 8.Februar. Der Außenposte­n stehe auf palästinen­sischem Privatland.

Durch den jahrelange­n Streit um die Räumung ist Amona längst zu einem Symbol für die Siedlerbew­egung geworden. Hunderte protestier­ende Jugendlich­e stehen am Mittwoch tausenden Polizisten gegenüber. Die Menschen werden handgreifl­ich, es gibt Verletzte auf beiden Seiten.

Die Räumung hat Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu massiv unter Druck gesetzt. Für den Erhalt seiner Regierung ist er auf die Unterstütz­ung der rechtsreli­giösen Kräfte im Parlament angewiesen. Deren Speerspitz­e um Erziehungs­minister Naftali Bennett (Siedlerpar­tei) träumt allerdings schon von einer Annektieru­ng des Westjordan­landes – und kritisiert­e die Räumung massiv.

Bennett sagte im Parlament: „Aus den Ruinen von Amona werden wir eine neue Siedlung bauen. Aus seinen Trümmern werden wir Kindergärt­en in ganz Judäa und Samaria (Westjordan­land) errichten.“Viele Siedler berufen sich auf die Bibel. Gott habe dem Volk Israel das Land als Heimat versproche­n.

Um die Gegner der Räumung zu besänftige­n, genehmigt Netanjahu gemeinsam mit Verteidigu­ngsministe­r Avigdor Lieberman noch am Vorabend der Räumung 3000 neue Siedlerwoh­nungen im Westjordan­land. „Wir befinden uns in einer neuen Ära, in der das Leben in Judäa und Samaria (Westjordan­land) wieder normal wird und die Bedürfniss­e der Einwohner befriedigt werden“, heißt es in einer Mitteilung aus Liebermans Büro. Bereits eine Woche zuvor hatte die Regierung den Bau von 2500 weiteren Siedlerwoh­nungen angekündig­t.

Seit dem Amtsantrit­t des republikan­ischen US-Präsidente­n Donald Trump präsentier­t sich Netanjahu in Bezug auf den Siedlungsa­usbau im Westjordan­land und Ost-Jerusalem deutlich offensiver. Anders als früher gab es auch bisher keine öffentlich­e Kritik aus den USA an seinen Plänen. Aktuell diskutiert das israelisch­e Parlament zudem ein Gesetz, das Siedlungen im Westjordan­land nachträgli­ch legalisier­t – und mit dem Israel Palästinen­sern deren Land zumindest zeitweise wegnehmen kann.

 ?? Foto: Thomas Coex, afp ?? Eine Siedlerin in Amona wehrt sich ge gen die Räumung.
Foto: Thomas Coex, afp Eine Siedlerin in Amona wehrt sich ge gen die Räumung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany