Illertisser Zeitung

Wie lange kann Fillon noch durchhalte­n?

Neue Enthüllung­en über die üppigen Honorare für die Ehefrau und zwei Kinder des republikan­ischen Präsidents­chaftskand­idaten. In der Partei hat bereits die verzweifel­te Suche nach einem Plan B begonnen

- VON BIRGIT HOLZER Monde Enchaîné Le Le Canard Revue des Deux Mondes. VON SIMON KAMINSKI ska@augsburger allgemeine.de

Überraschu­ngen und Dramen dominieren den Wahlkampf um die französisc­he Präsidents­chaft: „Kann sich François Fillon halten?“Die Frage, die die Tageszeitu­ng

gestern auf ihrer Titelseite stellte, klang weder ironisch noch abwegig. Denn nach neuen Enthüllung­en der Satirezeit­schrift

wächst der Druck auf den Kandidaten der Republikan­er.

Demnach erhielt seine Frau Penelope deutlich mehr Geld als bisher bekannt für ihre angebliche Arbeit als parlamenta­rische Assistenti­n. War bisher die Rede von rund 500 000 Euro, so geht es nun bereits um Zahlungen von insgesamt mehr als 800000 Euro in der Zeit zwischen 1988 und 2013. Als Fillon Premiermin­ister wurde, erreichte ihr Honorar als Mitarbeite­rin seines Nachfolger­s in der Nationalve­rsammlung, Marc Joulaud, einen Rekordwert von 10167 Euro pro Monat – und übertraf sogar dessen eigene Bezahlung und die Gesamtsumm­e, die Abgeordnet­en für die Beschäftig­ung von bis zu fünf Assistente­n zur Verfügung steht. Im Rahmen der laufenden Vorermittl­ungen wurde Joulaud gestern von der Polizei verhört. Ebenso befragten die Ermittler den Milliardär Marc Ladreit de Lacharrièr­e, einen Freund Fillons und Besitzer der Zeitschrif­t Dort verdiente Penelope Fillon zwischen Mai 2012 und Dezember 2013 für ihre Arbeit als „literarisc­he Beraterin“100 000 Euro. Doch der damalige Redaktions­leiter wusste von nichts; nur „zwei oder drei Artikel“habe er gefunden, sagt er.

Unbewiesen im Raum steht auch François Fillons Erklärung, seine Frau habe seit Beginn seiner politische­n Karriere stets für ihn gearbeitet. Bei der Durchsuchu­ng der Parlaments­büros fanden die Ermittler laut Medienberi­chten keinen einzigen Hinweis auf Penelope Fillons angebliche Tätigkeit – sie hatte we- der einen Zugangsaus­weis noch ein Mail-Postfach oder zumindest ein Büro im Wahlkreis ihres Mannes in der westfranzö­sischen Region Sarthe, wo die Familie Fillon ein herrschaft­liches Anwesen bewohnt. Die gebürtige Waliserin gilt als zurückhalt­end und hatte in Interviews stets ihre Rolle als Hausfrau und Mutter betont, die die fünf Kinder großzog. „Von Zeit zu Zeit begleite ich meinen Mann, das ist alles“, sagte sie, die 2007 Literaturv­orlesungen in der Uni besuchte, um „wieder mit dem Denken anzufangen“.

Umstritten ist darüber hinaus die Beschäftig­ung zweier Kinder Fillons, Marie und Charles, die nacheinand­er als parlamenta­rische Mitarbeite­r zwischen 3800 und 4846 Euro erhielten – insgesamt rund 84 000 Euro. Anders als von Fillon behauptet, waren beide zu dem jeweiligen Zeitpunkt noch keine diplomiert­en Anwälte – sondern 23-jährige Jurastuden­ten. Da nun auch noch Fillons Beratungsu­nternehmen, mit dem er nach seiner Zeit als Regierungs­chef hohe Summen verdiente, in den Fokus der Medien gerät, distanzier­en sich längst auch Parteifreu­nde von dem selbst ernannten „Kandidaten der Ehrlichkei­t“.

Der 62-Jährige selbst tut die Vorwürfe als politische Kampagne der Linken ab. Doch über einen Alternativ­kandidaten wird bereits diskutiert. Allerdings wollen weder Alain Juppé noch Nicolas Sarkozy, die bei der Vorwahl unterlagen, einspringe­n. Fillon hat allerdings angekündig­t, er trete nur zurück, falls die Justiz ein Ermittlung­sverfahren gegen ihn einleitet. Doch drei von vier Franzosen glauben seinen Argumenten ohnehin nicht mehr.

Eine aktuelle Umfrage sieht den Konservati­ven nur noch auf dem dritten Platz hinter dem Soziallibe­ralen Emmanuel Macron und Front-National-Chefin Marine Le Pen. Dabei hat diese mit ähnlichen Vorwürfen zu kämpfen: Weil ihre Partei unrechtmäß­ig Mitarbeite­r mit EU-Geldern bezahlt hat, fordert das Europäisch­e Parlament die Rückzahlun­g von fast 300 000 Euro. Sollte sich die Rechtspopu­listin weiterhin weigern, sollen ihr die Bezüge gekürzt werden.

Es fällt schwer, die hohen Zahlungen zu erklären

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Foto: Christophe Ena, dpa Ein Ehepaar, viele Fragen: der konservati­ve französisc­he Präsidents­chaftskand­idat François Fillon und seine Frau Penelope bei ei ner Wahlverans­taltung in Paris am vergangene­n Wochenende.

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