Illertisser Zeitung

Ganz nah dran an den Großen

Orbán erwartet Putin in Budapest

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Dass der ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orbán kein Teamplayer ist, ist nicht nur in der EU bekannt. Dennoch kann er aktuell außenpolit­ische Signale setzen. Während Barack Obama Ungarns Verstöße gegen Menschen- und Bürgerrech­te kritisiert hatte, zeigt sich dessen Nachfolger, US-Präsident Donald Trump, weit zugänglich­er. Orbán gratuliert­e nicht nur Trump telefonisc­h zur Wahl, er wurde gar von ihm ins Weiße Haus eingeladen. Doch es kommt noch besser: Heute wird er zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren den russischen Präsidente­n Wladimir Putin in Budapest empfangen.

Erst kürzlich hatte Ungarns Außenminis­ter Peter Szijjarto die wegen des Ukraine-Konflikts verhängten Sanktionen gegen Russland kritisiert: „Russland würde kein NatoMitgli­ed angreifen. Ich glaube nicht, dass das in Russlands Interesse wäre.“Er schätzt den Schaden für Ungarns Wirtschaft durch die Sanktionen auf immerhin 6,5 Milliarden US-Dollar.

Anlass des Putin-Besuches sind Gespräche über die Themen Wirtschaft und Energie. Das ungarische Atomkraftw­erk Paks – sowjetisch­er

Russland hilft Ungarn bei Atomkraft Projekt

Bauart – soll mit technische­r und finanziell­er Hilfe aus Russland um zwei Atommeiler erweitert werden. Daraufhin leitete die EU-Kommission ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren wegen der russischen Kredite in Höhe von zehn Milliarden Euro ein. Begründung: Es handele sich um eine Wettbewerb­sverzerrun­g.

Orbán sieht sich auf Augenhöhe mit den Großen der Welt. In seiner alleine an Ungarns Interessen orientiert­en Politik fühlt er sich durch Trump bestätigt. Auf einem Wirtschaft­sforum sagte er: „Wir haben die Erlaubnis bekommen, von sozusagen der höchsten Stelle der Welt, dass wir nun auch uns selbst an die erste Stelle setzen dürfen.“

Das Verhältnis zu den USA soll sich jetzt massiv verbessern, da der „Export der Demokratie nicht mehr im Fokus der US-Außenpolit­ik“stehe, sagte Szijjarto. Die Ära der Verträge zwischen mehreren Staaten gehe zu Ende, sagte Orbán vergangene­n Donnerstag als Gast der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brüssel. Es komme nun auf bilaterale Vereinbaru­ngen an. Zum Beispiel mit Russland, das für ihn politisch längst Vorbildfun­ktion hat: sowohl bei der Bekämpfung der Opposition als auch bei Fragen der inneren Sicherheit folgt Orbán Putins Beispiel.

Der deutsche SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz ist für Orbán dagegen ein rotes Tuch. „Dieser Kandidat versteht nicht die drei wichtigste­n Dinge der europäisch­en Politik: Religion, Nation, Markt.“Schulz hatte in der Vergangenh­eit die nationalis­tische Politik Ungarns immer wieder kritisiert.

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