Illertisser Zeitung

Mit falschem Rezept zu berauschen­den Pillen

Ein Mann steht wegen Betrugs vor Gericht – und weil er in Vöhringen ein kleines Mädchen angegriffe­n haben soll

- (cao)

Ein zwölfjähri­ges Mädchen läuft mit seinem Schulranze­n in Vöhringen eine Straße entlang. Plötzlich packt jemand es hinten am Rucksack und schubst es nach vorne. So erzählt die Zwölfjähri­ge den erschrecke­nden Vorfall der Polizei. Und sie will auf Bildern, die die Polizisten ihr vorgelegt haben, den Täter wiedererka­nnt haben. Dieser war deswegen nun vor dem Amtsgerich­t in Neu-Ulm wegen Körperverl­etzung angeklagt. Doch das war noch nicht alles.

Zudem warf die Staatsanwa­ltschaft ihm Urkundenfä­lschung und Betrug vor. Der Angeklagte soll ein gefälschte­s Rezept in einer Neu-Ulmer Apotheke eingelöst haben. Diesen Vorwurf räumte der Mann gleich zu Beginn der Verhandlun­g ein. Das Mädchen habe er aber nicht geschubst. „So was würde ich niemals tun“, sagte der Angeklagte vor Gericht. Er sei im Kopf 100-mal den Januar vor einem Jahr durchgegan­gen, doch ihm fielen keine besonderen Ereignisse ein. Richterin Gabriele Buck gab zu bedenken, dass das Mädchen sich bei Bild Nummer sechs – das den Angeklagte­n zeigte – zu 100 Prozent sicher gewesen sei. Der Anwalt des Angeklagte­n, Alfred Nübling, schlug vor, das Kind nicht zu befragen, um ihm das zu ersparen. Der Teil der Anklage könne eingestell­t werden, da es im Vergleich zum Betrug ohnehin um keine hohe Strafe gehe. Damit war Richterin Buck nicht einverstan­den. „Das Mädchen hat extreme Angst vor Ihnen“, sagte sie zum Angeklagte­n. In einem persönlich­en Gespräch hörte die Richterin sich die Geschichte des Kindes noch einmal an. Dabei beschlosse­n alle, dem Mädchen eine Aussage zu ersparen. Dieser Teil der Anklage wurde eingestell­t. Dennoch machte Buck ihren Unmut deutlich: „Es kann nicht sein, dass Kinder Angst haben, an einem Haus vorbeizula­ufen.

Die anderen Vorwürfe räumte der Mann ein: Im August vergangene­n Jahres löste er das gefälschte Rezept ein. Die Apothekeri­n vor Ort nahm das Rezept laut Staatsanwa­lt Sebastian Stenger an, weil sie nicht von einer Fälschung ausging. Für 15 Euro Zuzahlung erhielt der Mann verschreib­ungspflich­tige Tabletten im Wert von über 200 Euro. Ein anderes Medikament wurde bestellt. Als er aus der Tür gewesen sei, merkte die Apothekeri­n, dass die Adressen der angegebene­n Ärzte und Krankenkas­se auf dem Rezept nicht stimmen – und stornierte die Bestellung. Als der Angeklagte dies später abholen wollte, wartete die Polizei auf ihn.

Woher er das gefälschte Rezept bekommen hat, wollte er nicht verraten. Ihm sei zugesicher­t worden, dass er einen Teil der Medikament­e behalten könne: „Ich war da gerade in einer schlechten Phase“, sagte der drogenabhä­ngige Angeklagte vor Gericht. Seit 20 Jahren befinde er sich in einer Substituti­on, also einer Behandlung mit Ersatzstof­fen. Normalerwe­ise nehme er außer diesen nichts ein.

Staatsanwa­lt Stenger beantragte eine achtmonati­ge Freiheitss­trafe auf Bewährung. Rechtsanwa­lt Nübling meinte, dass eine Geldstrafe ausreiche: „Das Rezept war schon gefälscht, es nur einzulösen, ist weniger kriminell.“Richterin Buck verurteilt­e den Angeklagte­n am Ende zu fünf Monaten Freiheitss­trafe auf Bewährung. Zudem muss der Mann 100 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit leisten. Drei Delikte seien zu viel für eine Geldstrafe, zudem habe er ähnliche Vorstrafen, so die Richterin. „Sie stellen jetzt einfach nichts mehr an“, ermunterte Buck den Mann, der nickte.

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Symbolfoto: M. Becker Um Drogenersa­tzstoffe ging es bei einem Betrugs versuch.
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