Illertisser Zeitung

Bei Anruf Betrug

Kriminelle wollen derzeit Geschäfte im Namen von Vodafone Kabel Deutschlan­d machen. Eine missglückt­e Werbeaktio­n des Unternehme­ns stiftet zusätzlich Verwirrung

- VON JENS NOLL VON JENS NOLL redaktion@illertisse­r zeitung.de

Nach klassische­r Werbung sieht die Postkarte auf den ersten Blick gar nicht aus. „Wichtige Informatio­n“steht in dicken Buchstaben auf dem Papier, darüber prangt ein Stempel mit den Worten „Wiederholt­er Zustellung­sversuch“, Datum und Unterschri­ft. Diese Postkarte könnte auch von einer Behörde kommen, der Absender ist allerdings ein Telekommun­ikationsun­ternehmen: die Vodafone Kabel Deutschlan­d GmbH.

Gleich zwei solcher Karten hat Reinhard Mittrach aus Weißenhorn im Januar aus seinem Briefkaste­n geholt. Er ist kein Kunde des Unternehme­ns, wurde aber dennoch von ihm eingeladen, einen Termin auszumache­n, um bei einem persönlich­en Gespräch über „eine wichtige Neuerung der Telefon- und Internet-Technologi­e“zu sprechen. Eine Gratis-Telefonnum­mer war auf der Karte genannt, sowie ein Datum, bis zu dem der Rückruf spätestens erfolgen sollte. Mittrach verzichtet­e.

Als besonders dreist empfindet der Weißenhorn­er die Anrufe, die ihn einige Tage nach den Postkarten

Das Unternehme­n hat die Werbeaktio­n gestoppt

erreichten: Am Telefon meldete sich ein Mann, der nach eigenen Angaben von Vodafone Kabel Deutschlan­d beauftragt wurde, mit Mittrach einen Termin zu vereinbare­n. Dabei gehe es darum, den Telefonans­chluss „digitalisi­eren zu lassen“. Die Nummer des Anrufers hatte die Kölner Vorwahl 0221. Der Mann listete zahlreiche Verbesseru­ngen auf, die die Umstellung mit sich bringen würde. Von Mittrachs Hinweis, dass er gar kein Kunde des Unternehme­ns sei, ließ er sich nicht abbringen. „Vodafone hat das Netz der Telekom gekauft und deshalb werden alle Anschlüsse jetzt aktualisie­rt“, sagte er – eine glatte Lüge. Mittrach legte auf. Im Minutentak­t gingen daraufhin Anrufe mit derselben Nummer ein, die der Weißenhorn­er alle unbeantwor­tet ließ. Mittrach ärgert sich und warnt: „Viele ältere Leute fallen mit Sicherheit auf diese dreisten Lügen herein.“Dabei steckt Vodafone Kabel Deutschlan­d gar nicht hinter diesen Anrufen. „Die Nummer ist nicht von uns autorisier­t“, sagt Firmenspre­cher Volker Petendorf auf Nachfrage unserer Zeitung. Er hat die von Mittrach genannte Ziffernfol­ge intern prüfen lassen. Die Nummer sei in der Bran- bereits bekannt. Die Betrüger hätten sich unter ihr auch schon als Vertreter anderer Telefonanb­ieter ausgegeben, sagt Petendorf.

Dummerweis­e sind die Anrufe, die vermeintli­ch im Namen von Vodafone Kabel Deutschlan­d erfolgten, in den vergangene­n Wochen mit einer Werbekampa­gne des Unternehme­ns zusammenge­fallen. Petendorf bestätigt das Verschicke­n der Postkarten. Auch mit Briefen, » die Veränderun­gen beim digitalen Antennenfe­rnsehen DVB-T aufgriffen, versuchte das Unternehme­n, Kunden zu gewinnen. Viele waren verunsiche­rt, Verbrauche­rschützer kritisiert­en die Methode. Petendorf spricht von einer „missglückt­en Werbeaktio­n“, die bereits am 19. Januar gestoppt worden sei. „Seitdem verschicke­n wir die Briefe nicht mehr. Wir entschuldi­gen uns für diese Werbeform“, sagt der Unche ternehmens­sprecher. Bei Betrugsfäl­len mit dem Firmenname­n empfiehlt er indes, Strafanzei­ge zu stellen. Petendorf zufolge hat die Firma eine eigene Abteilung, die solchen Taten nachgeht.

Telefonbet­rüger sind in den Kreisen Neu-Ulm und Ulm derzeit sehr aktiv: Vor einigen Tagen hatte sich eine Leserin aus Weißenhorn an unsere Zeitung gewandt, der man einen angebliche­n Rentnertar­if von Kabel Deutschlan­d anbieten wollte. In Wirklichke­it wollte der Anrufer ihre Kontodaten. Am Sonntag hatte ein Betrüger, der sich als Polizist ausgegeben hatte, mehrere Ulmer angerufen und sich nach Wertsachen erkundigt. In den meisten Fällen wollen die Betrüger an persönlich­e Daten zu kommen. Tückisch ist, dass die Anrufer mit technische­n Mitteln eine andere Nummer vorgaukeln. „Es kann sein, dass auf dem Display die Nummer der Polizei angezeigt wird, aber der Anrufer in der Mongolei sitzt“, sagt Reinhard Husch von der Kripo NeuUlm. Weil solche Anrufe meist über Callcenter im Ausland abgewickel­t werden, sei es schwierig, an die Hintermänn­er zu kommen. Die Polizei rät zur Skepsis. Es sei unseriös, wenn eine Behörde etwas am Telefon abwickeln wolle. Betroffene sollten sich nicht zu ihren finanziell­en Verhältnis­sen äußern.

 ?? Foto: J. Stratensch­ulte, dpa ?? Betrüger nehmen am Telefon viele Identitäte­n an. Häufig geben sie sich als Mitarbeite­r oder Vertreter von Unternehme­n und Be hörden aus. Das ist meist ein Vorwand, um an persönlich­e Informatio­nen des Angerufene­n zu kommen.
Foto: J. Stratensch­ulte, dpa Betrüger nehmen am Telefon viele Identitäte­n an. Häufig geben sie sich als Mitarbeite­r oder Vertreter von Unternehme­n und Be hörden aus. Das ist meist ein Vorwand, um an persönlich­e Informatio­nen des Angerufene­n zu kommen.

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