Illertisser Zeitung

Energiewen­de kommt Schwaben teuer zu stehen

Von der geplanten Tarifrefor­m profitiere­n nur Franken und Altbayern

- VON ULI BACHMEIER

Bayern profitiert, Schwaben zahlt beim Strompreis drauf – kann das sein? Um die Energiewen­de in Deutschlan­d voranzubri­ngen und die Kosten des Atomaussti­eges gerecht zu verteilen, fordert auch die Bayerische Staatsregi­erung bundeseinh­eitliche Netzentgel­te. Doch die konkreten Folgen, die sich daraus sehr wahrschein­lich ergeben, können nur den Altbayern und Franken gefallen, den Schwaben dagegen nicht.

Sie gehören zum Gebiet des Netzbetrei­bers Amprion, während in den weitaus größten Teilen Bayerns der Konkurrent Tennet die Stromnetze betreibt. Würden die bislang unterschie­dlichen Entgelte, die Stromkunde­n heute für das Durchleite­n des Stroms durch die jeweiligen Netze bezahlen, zu einem bundesweit einheitlic­hen Tarif zusammenge­fasst, würde das vor allem den Tennet-Kunden nutzen: Nach Berechnung­en des Münchner Wirtschaft­sministeri­ums würden sie für ihren Strom insgesamt rund 140 Millionen Euro weniger im Jahr bezahlen. Haushalte und Unternehme­n im schwäbisch­en Raum müssten dagegen mit einer Mehrbelast­ung von schätzungs­weise 30 Millionen Euro jährlich rechnen.

Trotzdem verteidigt der Wirtschaft­sstaatssek­retär Franz Josef Pschierer (CSU), ein Schwabe, den Vorstoß der Staatsregi­erung, der auch von Grünen und Sozialdemo­kraten mit getragen wird. Der Zuschnitt der Versorgung­sgebiete, sagt er auf Nachfrage unserer Zeitung, habe rein historisch­e Gründe und führe im Moment zu einer „unfairen und einseitige­n Verteilung“der durch die Energiewen­de bedingten Kosten zulasten der Tennet-Zone. Damit seien die Stromkunde­n außerhalb Schwabens die Leidtragen­den. Pschierer wörtlich: „Wir müssen hier gesamtbaye­rische Interessen im Blick haben.“

Die Sorgen in der Region mit ihren vielen energieint­ensiven Produktion­sstandorte­n freilich sind groß. Private Stromkunde­n müssten nach ersten Berechnung­en angeblich „nur“mit Mehrkosten von 20 oder 30 Euro pro Jahr rechnen. Firmen mit hohem Strombedar­f aber würden erheblich belastet. Privatkund­en bezahlen die Nutzungsen­tgelte für Strom- und Gasnetze über ihre Stromrechn­ung, Großverbra­ucher aus der Industrie rechnen direkt mit Betreiber wie Amprion oder Tennet ab. Da Tennet nach den Worten von Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner (CSU) rund eine Milliarde Euro in sein Netz investiere­n muss, sind die Gebühren dort bisher überpropor­tional hoch – entspreche­nd groß wäre die Entlastung bei einem Einheitsta­rif für alle.

„Die hohe EEG-Umlage sowie die Steuern und Abgaben bei den

Wirtschaft fürchtet um Wettbewerb­sfähigkeit

Strompreis­en belasten die Wettbewerb­sfähigkeit der bayerischs­chwäbische­n Unternehme­n schon heute und bedrohen den Industries­tandort“, heißt es in einem Positionsp­apier der Industrie- und Handelskam­mer für Schwaben. Zwar unterstütz­e auch die schwäbisch­e Wirtschaft „eine gerechte Umverteilu­ng der energiewen­debedingte­n Kosten“. Doch dafür bedürfe es „einer generellen Umgestaltu­ng der Umlagesyst­ematik“. Der geplante Einheitsta­rif sei „weder kosteneffi­zient noch gerecht und wird daher abgelehnt.“

Dass die von Bayern geforderte Regelung kommen wird, gilt als wahrschein­lich. Zwar steht sie – angeblich wegen des Widerstand­s von Nordrhein-Westfalen – noch nicht im aktuellen Gesetzentw­urf der Bundesregi­erung. Wenn die Landtagswa­hl an Rhein und Ruhr vorbei ist, so heißt es im Landtag in München, führe an der Neuregelun­g aber kein Weg vorbei.

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