Städte und Gemeinden müssen bluten
Wegen der Klinik-Krise braucht der Kreis in diesem Jahr deutlich mehr Geld. Deshalb pocht der Landrat nun auf die Solidarität der „kommunalen Familie“
Das war zu erwarten: Um das überraschende Minus bei den Stiftungskliniken abzubauen, wird der Kreis voraussichtlich Städte und Kommunen zur Ader lassen. Landrat Thorsten Freudenberger und Kreiskämmerer Mario Kraft kündigten gestern an, zur Finanzierung des Kreishaushaltes müssten sie eine höhere Umlage zahlen. Doch damit allein lässt sich noch kein ausgeglichener Etat erstellen.
Freudenberger spricht von der „schwierigsten Finanzsituation der letzten Jahrzehnte“. Die ist bekanntlich entstanden, weil der Kreis das Defizit der Stiftungskliniken schultern muss, deren Rücklagen mittlerweile aufgezehrt sind. Rund 14 Millionen Euro sind in den vergangenen drei Jahren aufgelaufen, die heuer komplett abgetragen werden sollen. Das ist durchaus „ambitioniert“, wie der Landrat zugibt. Doch er und sein Kämmerer halten das einerseits für vertretbar und anderseits für geboten, denn es bringe nichts, das Problem in die kommenden Jahre zu verschieben, denn da lauerten möglicherweise noch „weitere Unwägbarkeiten“.
Doch der Kreis befindet sich in einer verhältnismäßig komfortablen Lage, denn die kommunalen Kassen stehen gut da, die Finanzkraft ist gewachsen. Davon wird nun der Kreis einiges abzapfen: Geplant ist, die Kreisumlage spürbar anzuheben, obwohl sie heuer schon deutlich mehr Geld als in den vergangenen Jahren abwirft. Derzeit beträgt der Hebesatz 46,7 Prozent. Er soll um drei Prozentpunkte auf 49,7 Prozent steigen. Das stelle die absolute Untergrenze dar. Knapp 14 Millionen schwappen dadurch zusätzlich in die Kreiskasse, doch ein Gutteil davon muss wieder abgeführt werden, vor allem an den Bezirk. Letztlich werden von der Erhöhung „nur“5,6 Millionen Euro übrig bleiben.
Freudenberger weiß, eine Umlagenerhöhung kommt selten gut an, deshalb pocht er auf die Solidarität von Städten und Gemeinden – und verweist darauf, dass sie in den vergangenen fünf Jahren vergleichsweise gut weggekommen seien. In den vergangenen fünf Jahren seien die Hebesätze in den anderen schwäbischen Kreisen durchschnittlich höher gewesen, das gelte auch für den gesamten Freistaat: „Es geht um eine faire Betrachtung. Jetzt brauchen wir Unterstützung von der kommunalen Familie.“
Doch eine erhöhte Kreisumlage allein sorgt noch nicht für einen ausgeglichenen Haushalt. Dafür muss Kraft auch die Rücklagen anzapfen und dort 7,6 Millionen Euro entnehmen. Außerdem plant er neue Schulden, die sich netto auf 2,8 Millionen Euro summieren. Somit klettern die Verbindlichkeiten des Kreises auf 30,1 Millionen Euro. In dieser Summe fehlen jedoch all die Gelder, die der Kreis die vergangenen Jahre über in die Klinken der Spitalstiftung gesteckt hat. Werden die hinzugerechnet, steigen die Schulden am Ende dieses Jahres auf insgesamt 56,6 Millionen Euro. Die ProKopf-Verschuldung beträgt somit 329,3 Euro.
Beim Sparen will die Kreisbehörde mit ihren 561 Beschäftigten zudem mit gutem Beispiel vorangehen, wie Freudenberger beteuert. Sämtliche Fachbereiche des Hauses hätten ihre Budgets noch einmal ausgedünnt. So seien zusätzlich 2,5 Millionen gespart worden. Allerdings wurden manche Ausgaben, etwa für Instandhaltungen, lediglich verschoben. Freudenberger: „Aber das gefährdet die Bausubstanz nicht, Löcher im Dach werden trotzdem geflickt.“
Dennoch legt das Landratsamt keine finanzielle Vollbremsung hin, denn der Kreis dürfe nicht kaputtgespart werden. Es bleibt also noch Geld für Investitionen übrig, etwa in die Schulen. So gibt der Kreis heuer für die Sanierung des Altbaus des Nikolaus-Kopernikus-Gymnasiums Weißenhorn vier Millionen Euro aus, 3,7 Millionen werden benötigt, um die Sanierung und Erweiterung des Vöhringer IllertalGymnasiums zu Ende zu bringen. Und dann ist da noch das projektierte Fernheiznetz in Weißenhorn, das sich aus der Müllverbrennung speist. In die zuständige Projektgesellschaft FWP, die zur Hälfte dem Kreis gehört, fließen 1,33 Millionen Euro zur „Erhöhung der Stammeinlage“. Dieses Energieprojekt liegt Freudenberger besonders am Herzen, wie er sagt.