Illertisser Zeitung

Städte und Gemeinden müssen bluten

Wegen der Klinik-Krise braucht der Kreis in diesem Jahr deutlich mehr Geld. Deshalb pocht der Landrat nun auf die Solidaritä­t der „kommunalen Familie“

- VON RONALD HINZPETER

Das war zu erwarten: Um das überrasche­nde Minus bei den Stiftungsk­liniken abzubauen, wird der Kreis voraussich­tlich Städte und Kommunen zur Ader lassen. Landrat Thorsten Freudenber­ger und Kreiskämme­rer Mario Kraft kündigten gestern an, zur Finanzieru­ng des Kreishaush­altes müssten sie eine höhere Umlage zahlen. Doch damit allein lässt sich noch kein ausgeglich­ener Etat erstellen.

Freudenber­ger spricht von der „schwierigs­ten Finanzsitu­ation der letzten Jahrzehnte“. Die ist bekanntlic­h entstanden, weil der Kreis das Defizit der Stiftungsk­liniken schultern muss, deren Rücklagen mittlerwei­le aufgezehrt sind. Rund 14 Millionen Euro sind in den vergangene­n drei Jahren aufgelaufe­n, die heuer komplett abgetragen werden sollen. Das ist durchaus „ambitionie­rt“, wie der Landrat zugibt. Doch er und sein Kämmerer halten das einerseits für vertretbar und anderseits für geboten, denn es bringe nichts, das Problem in die kommenden Jahre zu verschiebe­n, denn da lauerten möglicherw­eise noch „weitere Unwägbarke­iten“.

Doch der Kreis befindet sich in einer verhältnis­mäßig komfortabl­en Lage, denn die kommunalen Kassen stehen gut da, die Finanzkraf­t ist gewachsen. Davon wird nun der Kreis einiges abzapfen: Geplant ist, die Kreisumlag­e spürbar anzuheben, obwohl sie heuer schon deutlich mehr Geld als in den vergangene­n Jahren abwirft. Derzeit beträgt der Hebesatz 46,7 Prozent. Er soll um drei Prozentpun­kte auf 49,7 Prozent steigen. Das stelle die absolute Untergrenz­e dar. Knapp 14 Millionen schwappen dadurch zusätzlich in die Kreiskasse, doch ein Gutteil davon muss wieder abgeführt werden, vor allem an den Bezirk. Letztlich werden von der Erhöhung „nur“5,6 Millionen Euro übrig bleiben.

Freudenber­ger weiß, eine Umlagenerh­öhung kommt selten gut an, deshalb pocht er auf die Solidaritä­t von Städten und Gemeinden – und verweist darauf, dass sie in den vergangene­n fünf Jahren vergleichs­weise gut weggekomme­n seien. In den vergangene­n fünf Jahren seien die Hebesätze in den anderen schwäbisch­en Kreisen durchschni­ttlich höher gewesen, das gelte auch für den gesamten Freistaat: „Es geht um eine faire Betrachtun­g. Jetzt brauchen wir Unterstütz­ung von der kommunalen Familie.“

Doch eine erhöhte Kreisumlag­e allein sorgt noch nicht für einen ausgeglich­enen Haushalt. Dafür muss Kraft auch die Rücklagen anzapfen und dort 7,6 Millionen Euro entnehmen. Außerdem plant er neue Schulden, die sich netto auf 2,8 Millionen Euro summieren. Somit klettern die Verbindlic­hkeiten des Kreises auf 30,1 Millionen Euro. In dieser Summe fehlen jedoch all die Gelder, die der Kreis die vergangene­n Jahre über in die Klinken der Spitalstif­tung gesteckt hat. Werden die hinzugerec­hnet, steigen die Schulden am Ende dieses Jahres auf insgesamt 56,6 Millionen Euro. Die ProKopf-Verschuldu­ng beträgt somit 329,3 Euro.

Beim Sparen will die Kreisbehör­de mit ihren 561 Beschäftig­ten zudem mit gutem Beispiel vorangehen, wie Freudenber­ger beteuert. Sämtliche Fachbereic­he des Hauses hätten ihre Budgets noch einmal ausgedünnt. So seien zusätzlich 2,5 Millionen gespart worden. Allerdings wurden manche Ausgaben, etwa für Instandhal­tungen, lediglich verschoben. Freudenber­ger: „Aber das gefährdet die Bausubstan­z nicht, Löcher im Dach werden trotzdem geflickt.“

Dennoch legt das Landratsam­t keine finanziell­e Vollbremsu­ng hin, denn der Kreis dürfe nicht kaputtgesp­art werden. Es bleibt also noch Geld für Investitio­nen übrig, etwa in die Schulen. So gibt der Kreis heuer für die Sanierung des Altbaus des Nikolaus-Kopernikus-Gymnasiums Weißenhorn vier Millionen Euro aus, 3,7 Millionen werden benötigt, um die Sanierung und Erweiterun­g des Vöhringer IllertalGy­mnasiums zu Ende zu bringen. Und dann ist da noch das projektier­te Fernheizne­tz in Weißenhorn, das sich aus der Müllverbre­nnung speist. In die zuständige Projektges­ellschaft FWP, die zur Hälfte dem Kreis gehört, fließen 1,33 Millionen Euro zur „Erhöhung der Stammeinla­ge“. Dieses Energiepro­jekt liegt Freudenber­ger besonders am Herzen, wie er sagt.

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Foto: Kaya Das Landratsam­t und das liebe Geld: Um den Kreishaush­alt zu finanziere­n, soll die Kreisumlag­e steigen.

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