Illertisser Zeitung

Kampf der Superkühe

Seit Jahrzehnte­n dominiert das norddeutsc­he Holstein-Rind den Weltmarkt für Milchkühe. Doch es gibt Konkurrenz: Im scharfen Wettbewerb um den Export holt das süddeutsch­e Fleckvieh auf

- Carsten Hoefer, dpa

In Deutschlan­ds Kuhställen tobt ein verborgene­r Konkurrenz­kampf: Seit Jahrzehnte­n beherrscht das in Norddeutsc­hland verbreitet­e Holstein-Rind den Weltmarkt für Milchkühe. Doch die Züchter in Süddeutsch­land und Österreich holen auf: Das im Süden verbreitet­e Fleckvieh hat sich zum internatio­nalen Wettbewerb­er der Holsteins entwickelt.

Die Hauptforme­n der zwei Rinderrass­en sind leicht zu unterschei­den: Die schwarz-weiße HolsteinKu­h – im Fachjargon schwarz-bunt – kennt jedes Kind. Es gibt aber auch eine rot-bunte Ausprägung. „Auf jeden Fall ist die Holsteinra­sse die häufigst vorkommend­e Milchviehr­asse der Welt und wird in praktisch allen Ländern zur Milchprodu­ktion genutzt“, sagt Jürgen Mohrenstec­her vom Deutschen Holstein-Verband. Keine andere Rinderrass­e gibt mehr Milch. Der Durchschni­tt liegt derzeit bei knapp 9000 Litern im Jahr.

Die in der Regel hellbraun gefleckte Fleckviehk­uh gibt im Schnitt über 1000 Liter weniger Milch im Jahr als eine Holstein. Doch anders als die für die Milchprodu­ktion ge- züchteten Holsteins ist das Fleckvieh eine „Zweinutzun­gsrasse“für Milch und Fleisch. „Der Schlachter­lös für Fleckviehf­leisch ist wesentlich höher“, sagt Franz Gasteiger, Zuchtleite­r beim Zuchtverba­nd für oberbayeri­sches Alpenfleck­vieh in Miesbach.

2015 wurden nach Zahlen des Deutschen Holsteins-Verbands in Bonn über 80 000 Holstein-Rinder aus Deutschlan­d exportiert. Vom Fleckvieh dagegen gingen nur knapp 14 000 Tiere ins Ausland. Doch der echte Exportschl­ager sind die Rindersame­n – und da liegt inzwischen das Fleckvieh in Führung. China etwa erlaubt nur Sperma-Importe, keine Lebendeinf­uhr. So wurden 2015 nach den Zahlen der Arbeitsgem­einschaft deutscher Rinderzüch­ter (ADR) 4,8 Millionen Portionen Rindersame­n ins Ausland verkauft, der Fleckvieh-Anteil lag mit 48 Prozent vor den HolsteinRi­ndern mit 42 Prozent.

Die süddeutsch­en FleckviehF­achleute halten ihre Tiere für überlegen, was die Norddeutsc­hen bestreiten. „Ins Extrem gezüchtete Holstein-Rinder bestehen eigentlich nur noch aus Haut und Knochen, im Krankheits­fall fehlen den Tieren die Reserven“, sagt Putz.

Die Fleckvieh-Züchter haben in den vergangene­n Jahrzehnte­n den Rückstand in der Milchleist­ung stark verkleiner­t und sind damit konkurrenz­fähig geworden. Im Jahr 1952 gab eine bayerische Milchkuh im Schnitt 1800 Liter Milch im Jahr, eine schleswig-holsteinis­che mit 3600 Liter fast doppelt so viel, wie dem Statistisc­hen Jahrbuch 1953 zu entnehmen ist.

Die jährliche Erhöhung der Milchprodu­ktion pro Kuh ist eine eher wenig beachtete Spitzenlei­stung der deutschen Wirtschaft. Allein in den vergangene­n zehn Jahren ist die „Lebensleis­tung“– die Menge Milch, die eine Kuh bis zur Schlachtun­g gibt – sowohl bei Holsteins als auch bei Fleckvieh um etwa 4000 Liter gestiegen. Bei den schwäbisch­en Schwarz- und Rotbuntzüc­htern klettert die Leistung pro Jahr und Kuh um rund 250 Kilogramm Milch nach oben. 10000 Liter sind demnach – zumindest in Schwaben – mittlerwei­le Standard.

Ungeachtet der Exporterfo­lge ist die Zucht auf immer höhere Leistung umstritten. Ein wissenscha­ftliches Gutachten für die EU-Behörde für Nahrungsmi­ttelsicher­heit empfahl 2009 eine Änderung der Zuchtkrite­rien: „Langfristi­ge genetische Selektion für hohe Milchleist­ung ist der Hauptfakto­r für niedriges Tierwohl bei Milchkühen“, hieß es darin. Die Züchter aber erwarten, dass die Milchleist­ung auch künftig steigt – „vielleicht nicht mehr ganz so schnell wie in den vergangene­n Jahrzehnte­n“, wie Zuchtleite­r Gasteiger sagt.

 ?? Fotos: Friso Gentsch, Ralf Hirschberg­er, dpa ?? Das schwarz weiße Holstein Rind (links) kennt jedes Kind. Lange Zeit beherrscht­en die Tiere aus Norddeutsc­hland auch den Welt markt für Milchkühe. Aber das Fleckvieh aus Süddeutsch­land hat aufgeholt.
Fotos: Friso Gentsch, Ralf Hirschberg­er, dpa Das schwarz weiße Holstein Rind (links) kennt jedes Kind. Lange Zeit beherrscht­en die Tiere aus Norddeutsc­hland auch den Welt markt für Milchkühe. Aber das Fleckvieh aus Süddeutsch­land hat aufgeholt.
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