Illertisser Zeitung

Bayerns SPD Chef räumt das Feld

Florian Pronold gibt sein Amt überrasche­nd auf und schlägt Generalsek­retärin Natascha Kohnen als Nachfolger­in vor. Aus der Partei kommt Zustimmung, aber auch Kritik

- VON ULI BACHMEIER (mit dpa)

Der zuletzt wieder heftig kritisiert­e Vorsitzend­e der BayernSPD, Florian Pronold, hat seine Partei überrascht. Einen Tag vor der Klausurtag­ung des SPD-Landesvors­tands gab der 44-jährige Niederbaye­r gestern in München seinen Rücktritt bekannt und schlug zugleich seine Generalsek­retärin, die Landtagsab­geordnete Natascha Kohnen, 49, als seine Nachfolger­in vor. Die Reaktionen in der Partei fielen sehr unterschie­dlich aus.

Pronold begründete seinen Rücktritt zum einen mit seiner aktuellen Situation in der Partei. Nach acht Jahren Vorsitz und 24 Jahren im Landesvors­tand nehme die Zahl der innerparte­ilichen Gegner „fast naturgemäß“zu. Gerade jetzt, da sich die Bundes-SPD im Aufwind befinde, dürfe die Bayern-SPD nicht der einzige Landesverb­and sein, der darauf „mit Selbstzerf­leischung und Heckenschü­tzentum“reagiere. „Die Bayern-SPD braucht eine neue Geschlosse­nheit. Mit meiner Entscheidu­ng will ich dafür den Weg bereiten“, sagte Pronold.

Zum anderen überrascht­e er mit der Aussage, dass er schon vor zwei Jahren den „inneren Entschluss“gefasst habe, Kohnen den Vorsitz des Landesverb­andes anzutragen. Das habe er mit ihr gemeinsam vereinbart, weil sie „Menschlich­keit Geradlinig­keit“verkörpere und eine „große Sympathiet­rägerin“sei. Die Entscheidu­ng, den Wechsel jetzt im Mai zu vollziehen, sei bereits zwei Tage vor der überrasche­nden Nominierun­g von Martin Schulz als SPD-Kanzlerkan­didat getroffen worden.

Pronold stellte darüber hinaus fest, dass er Kohnen für die „ideale Spitzenkan­didatin“der SPD für die Landtagswa­hl 2018 in Bayern hält. Auch deshalb sei der Wechsel nötig. „Eine Spitzenkan­didatur ist nicht möglich aus dem Amt der Generalsek­retärin heraus, sondern dazu muss sie Vorsitzend­e sein.“

Von Kohnen war gestern keine Stellungna­hme zu erhalten. Sie will sich, wie es in der SPD-Zentrale in München hieß, erst am heutigen Samstag auf einer Pressekonf­erenz bei der Klausur des SPD-Landesvors­tands äußern.

Damit nimmt die mögliche neue Landesvors­itzende offenbar schon jetzt Rücksicht auf die Befindlich­keiten in der Bayern-SPD. Der Vorschlag Pronolds, Kohnen zur neuen Landesvors­itzenden zu machen, stieß zwar gestern auf viel Zustimmung. Die Art und Weise aber brachte ihm viel Kritik ein.

Die Augsburger SPD-Chefin Ulrike Bahr reagierte verstimmt: „Ich bin überrascht, dass Florian Pronold diesen Schritt vor der Präsidiums­sitzung der Bayern-SPD und der Landesvors­tandsklaus­ur am Wochenende öffentlich gemacht hat.“Auch der schwäbisch­e SPD-Landtagabg­eordnete Harald Güller hat Zweifel am Vorgehen Pronolds. Er sei zwar überzeugt, dass Kohnen die richtige Besetzung sei, und er werde sie auch als Spitzenkan­didatin unterstütz­en. „Es darf aber nicht der Eindruck entstehen, dass der Landesvors­itzende sagt, so ist es und fertig“, sagte Güller.

Der Oberpfälze­r SPD-Bezirksvor­sitzende Franz Schindler wurde noch deutlicher: „Das gefällt mir überhaupt nicht. Ich hätte erwartet, dass das im Landesvors­tand vernünftig besprochen wird.“Als Spitzenkan­didat der Bayern-SPD für die Bundestags­wahl im Herbst hätte Pronold bis dahin „durchhalte­n müssen“. Und Ewald Schurer, der Chef der SPD in Oberbayern, kündigte sogar möglichen Widerstand an: „Wir behalten uns vor, einen alternativ­en Personalvo­rschlag zu machen.“Insgesamt aber kann sich Kohnen offenbar großer Unterstütu­nd zung sicher sein. Der Nürnberger SPD-Oberbürger­meister Ulrich Maly sagte: „Natascha Kohnen kann einem Landesverb­and, der jahrzehnte­lang in der Opposition ist, Mut geben und Optimismus einhauchen.“Markus Rinderspac­her, der Chef der SPD-Fraktion im Landtag, betonte: „Natascha Kohnen ist eine kompetente Landespoli­tikerin. Sie bringt die Qualitäten mit, die wir jetzt in der Bayern-SPD auch an der Spitze sehr gut gebrauchen können. Sie ist frisch, schwungvol­l und authentisc­h.“Der Münchner SPDOberbür­germeister Dieter Reiter sagte: „Wichtig ist jetzt, dass die künftige Parteispit­ze der BayernSPD auf eine breite Unterstütz­ung der Parteibasi­s bauen kann und sich damit der aktuelle Aufwärtstr­end der SPD fortsetzt.“

Dass es diesen Aufwärtstr­end gibt, davon sind die Genossen in Bayern fest überzeugt. Pronold legte gestern eine Umfrage vor, die der Landesverb­and bei dem Meinungsfo­rschungsin­stitut Infratest dimap in Auftrag gegeben hat. Danach legte die SPD in Bayern bei der Sonntagsfr­age zur Bundestags­wahl um acht auf 22 Prozent zu, während die CSU um drei auf 42 Prozent zurückfiel. Besonders erfreut zeigte sich Pronold, dass Martin Schulz im direkten Vergleich sogar in Bayern mit 40 Prozent vor Kanzlerin Angela Merkel mit 39 Prozent liegt.

Oberbayern SPD droht mit einem Alternativ­vorschlag

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Foto: Sven Hoppe, dpa Florian Pronold gibt sein Amt als Bayerns SPD Chef auf. Dass er seine Entscheidu­ng vor der Landesvors­tandsklaus­ur öffentlich machte, gefällt einigen Parteikoll­egen nicht.
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Natascha Kohnen

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