Illertisser Zeitung

Ohne Dank zurück

Warum Flüchtling­shelfer aus ganz Bayern Urkunden an Sozialmini­sterin Emilia Müller zurückschi­cken

- VON MICHAEL BÖHM

Als Joe Peinze und Lydia Nitsche im Sommer 2015 Post von Bayerns Sozialmini­sterin Emilia Müller bekamen, waren die ehrenamtli­chen Flüchtling­shelfer höchst erfreut. Mit einer Urkunde dankte die Ministerin dem Ehepaar aus Lindenberg (Landkreis Lindau) für sein Engagement für Asylbewerb­er, die in dieser Zeit fast täglich und busseweise in Bayern ankamen. Heute, eineinhalb Jahre später, ist Joe Peinze stocksauer. Seine Urkunde hat der 71-Jährige mit einem dreiseitig­en Beschwerde­brief an die Ministerin zurückgesc­hickt.

„Die aktuelle Asylpoliti­k der Bundes- und der bayerische­n Regierung fühlt sich für uns an wie eine Ohrfeige“, erklärt Peinze und meint damit insbesonde­re den Umgang mit afghanisch­en Asylbewerb­ern. Während er und unzählige andere Flüchtling­shelfer sich um die Integratio­n der Neuankömml­inge bemühten, würde die drohende Abschiebun­g „höchst motivierte­r, gut integriert­er und bereits arbeitende­r Afghanen in ein immer noch unsicheres Land“die ganze Arbeit der Helferkrei­se wieder zunichtema­chen. Aus diesem Grund empfindet er die Dankesurku­nde von einst heute als Hohn und ist damit offenbar nicht alleine. Rund ein Dutzend der versandten 4000 Urkunden seien bislang wieder zurückgege­ben worden, erklärt eine Sprecherin des Ministeriu­ms: „Diese Entscheidu­ng respektier­en wir. Es ist das freie Recht eines jeden Menschen, selbst zu bestimmen, wie er mit demokratis­chen Entscheidu­ngen der Bayerische­n Staatsregi­erung umgeht.“

Am Samstag wollen weitere enttäuscht­e Flüchtling­shelfer bei einer Demonstrat­ion in München ihre Urkunden folgen lassen. „Seit der ersten Abschiebun­g ist die Angst bei den afghanisch­en Flüchtling­en riesengroß und der Ärger der Helfer genauso“, sagt Marion Schmidt, eine der Initiatore­n der Demo, die um 13 Uhr am Stachus beginnt. Als Höhepunkt soll in einem symbolisch­en Akt eine gläserne Kiste mit den besagten Urkunden „und anderen Dingen, die wir der Regierung zurückgebe­n wollen“, vor dem Innenminis­terium abgeladen werden.

Joe Peinze und seine Frau werden an der Demonstrat­ion nicht teilnehmen, dafür fehle ihnen die Zeit – auch aufgrund ihres Engagement­s für den von ihnen gegründete­n Verein „Freunde statt Fremde“und der Betreuung von rund 220 Flüchtling­en. Um die wollen sie sich weiter kümmern. Auch ohne Dankesurku­nde der Sozialmini­sterin.

 ?? Foto: Ingrid Grohe ?? Joe Peinze mit seiner von der Sozialmi nisterin unterschri­ebenen Dankesurku­n de.
Foto: Ingrid Grohe Joe Peinze mit seiner von der Sozialmi nisterin unterschri­ebenen Dankesurku­n de.

Newspapers in German

Newspapers from Germany