Trotz Krise: Geriatrie bleibt in Illertissen
Wie es mit den drei Kliniken im Kreis langfristig weiter gehen soll, steht erst mal nicht zur Debatte. Warum der Landrat in der Sache vor Hektik warnt
Wie soll es langfristig mit den drei Kliniken im Landkreis weitergehen? Diese Frage wird vorerst noch nicht beantwortet, entschied gestern der Kreistag. Schließlich gebe es Wichtigeres zu tun, und das heißt: Krisenbewältigung. Deshalb wird der sogenannte Strategieprozess zur Neuausrichtung der Krankenhäuser zunächst auf Eis gelegt. Wie lange er dort lagern soll, ist noch nicht klar. Die Freien Wähler hatten versucht, Druck zu machen, damit das Konzept der Beratungsfirma KPMG Mitte dieses Jahres auf den Tisch kommt. Damit konnten sie sich nicht durchsetzen.
Jürgen Bischof (FW) forderte, den Gutachtern eine feste Frist bis zum 30. Juni zu setzen, „dann muss geliefert werden“. Man brauche die Zahlen und Vorschläge möglichst schnell, um voranzukommen. „Eine Sanierung braucht Antworten, wir müssen ja wissen, was wir zu sanieren haben.“Ohne eine feste Frist, fürchtet Bischof, könnten die Gutachter sehr lange rechnen. Damit fand er ein gewisses Verständnis bei den Grünen, doch Landrat Thorsten Freudenberger lehnte eine solche Fristsetzung ab, zumal es Vordringlicheres gebe, im Krisenmodus gelten andere Prioritäten. Jetzt gehe es erst mal darum, die in Schieflage geratenen Klinken zu stabilisieren. In dieser Situation müssten vor allem die Finanzen wieder geordnet wer- „Wir verrennen uns, wenn wir alles auf einmal machen.“Er brachte es auf die kurze Formel: „Zeitdruck ja, Hektik nein.“Zumal das Krisenmanagement sehr gut laufe. Manchmal ergäben sich wöchentlich neue Sachverhalte. Unterstützung bekam Freudenberger von der CSU. Franz-Clemens Brechtel forderte, die Probleme professionell abzuarbeiten. Hektik und Zeitdruck seien in diesem sensiblen Bereich falsch. Auch die SPD sah keinen Sinn in einer solchen Frist. Bischof versuchte es noch mit einem Kompromissvorschlag, wonach „angestrebt werde“, dass die KPMG-Vorschläge bis zum 30. Juni vorliegen. Doch dafür fand sich keine Mehrheit, obwohl auch einzelne CSU-Kreisräte für seinen Vorschlag stimmten.
Angesichts der Krise müssen auch einige Projekte verschoben oder den Verhältnissen angepasst werden. Dazu gehören, nach den Worten des kommissarischen Stiftungsdirektors Ernst-Peter Keller, etwa die notwendigen baulichen Veränderungen in der Notaufnahme der Klinik Weißenhorn. Dafür gibt es zwar bereits Skizzen, die sollen jedoch nicht mehr vor den Beratungen über das Strukturgutachten umgesetzt werden. Derzeit werde daran gearbeitet, „vereinfachte Zwischenlösungen zu finden“.
Für kurze Irritationen bei Illertisser Kreisräten sorgten die Ausführungen des Klinikdirektors Dr. Andreas Keller. Er hatte zunächst das geriatrische Reha-Zentrum an der Illertalklinik mit seinen 46 Betten gelobt, das einen „hervorragenden Ruf“genieße. Für die Akutgeriatrie werde noch ein Geriater gesucht, zudem ein weiterer Vertreter dieser Fachrichtung, der an den beiden anderen Stiftungskliniken Patienten beurteilen solle. Das wiederum weckte bei Roland Hunger (CSU) den Verdacht, die in Illertissen angesiedelte Geriatrie könne möglicherweise dezentralisiert, also auf alle drei Häuser verteilt werden. „Das wäre ja dann eine strukturelle Änderung.“
Eine solche wird es nicht geben, versicherte Direktor Keller, die Geriatrie bleibe in Illertissen. Allerdings sollten Geriater an den anderen Krankenhäusern beurteilen, ob Patienten aufgrund ihres Zustands vielleicht besser in Illertissen aufgehoben wären. Zudem können laut Freudenberger nicht einfach anderswo Geriatriebetten eingerichtet werden, denn das bedürfe einer ministeriellen Genehmigung.
Um ganz sicher zu gehen, dass dem Illertisser Krankenhaus nichts weggenommen wird, regte Marita Kaiser (FW) an, das schriftlich festzuhalten. Dem schloss sich der Kreistag an. Nun heißt es zum Thema Zukunft der Geriatrie im Beden. schlussvorschlag: „Durch die Gewinnung weiterer Geriater sollen alle Kliniken der Kreisspitalstiftung in das Konzept der Altersmedizin an der Illertalklinik eingebunden werden.“Zunächst war die Rede von der „Altersmedizin des Landkreises“. Der Landrat erkannte eine „hohe Sensibilität“in diesem Thema. SPD-Mann Karl-Heinz Brunner nannte die Debatte schlicht eine „Geisterdiskussion“.
Da die Krankenhausmaterie eine zuweilen sehr schwierige ist, soll den Kreisräten künftig „externer Sachverstand“zur Seite stehen. Der wird in einem vierköpfigen Beirat gebündelt, über den gestern ebenfalls entschieden wurde. Er soll bei Bedarf zu Ausschusssitzungen hinzugezogen werden und die Politiker in Finanz-, Organisations- und Betriebswirtschaftsfragen beraten. Er besteht aus vier Personen und wurde hinter verschlossenen Türen gewählt. Das Gremium setzt sich zusammen aus Reiner Genz, ehemaliger Geschäftsführer der Klinken Landkreis Heidenheim, Jürgen Bolkart, Vorsitzender des Gesamtpersonalrates der Kreisspitalstiftung Weißenhorn, Professor Walter Swoboda, Leiter des Studiengangs „Informationsmanagement im Gesundheitswesen“an der Hochschule Neu-Ulm, sowie Jürgen Winter, Vorstandsmitglied der Genossenschaft Klinik-Kompetenz-Bayern, einem Verband von Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren.
Änderungen müssten genehmigt werden