Vorschuss an Vertrauen
Kliniken und Finanznot »
Mahnrufe zur Geschlossenheit sind in diesen Tagen oft zu hören: Ob es sich um die bröckelnde Staatengemeinschaft der EU handelt oder die Unsicherheit der Volksparteien angesichts des Rechtsrucks in mehreren Ländern. Und wenn Landrat Thorsten Freudenberger beim millionenschweren Klinikdefizit an die Solidarität der kommunalen Familie appelliert, fühlt man sich schon durch das Pathos auf eine große Bühne versetzt. Zu sehen ist ein Drama: Ein Minus von 14 Millionen Euro ist in den Krankenhäusern aufgelaufen, der Landkreis NeuUlm muss tief in die Kasse greifen. Wie in dieser Woche bekannt gegeben wurde, heißt das für die Städte und Gemeinden: Sie müssen mehr Umlage zahlen. Damit wurde wahr, was viele befürchtet hatten. Das könnte Sprengkraft haben: Auf dem Kontoauszug ist die Solidarität zwar sichtbar, denn die Kommunen müssen die bittere Pille wohl schlucken. Wie weit es jedoch ideologisch gesehen mit dem geforderten Gemeinschaftssinn her ist, muss sich zeigen. Die gegensätzlichen Befindlichkeiten im Landkreis sind zuletzt mehrfach zutage getreten, als es um Klinikreform und Illertisser Babystation ging. Norden gegen Süden hieß es da, es gab markige Worte, Sticheleien und Retourkutschen. Wer je an einen Riss durch den Landkreis glaubte, konnte in den vergangenen Wochen reichlich Bestätigung finden.
Es geht auch um angebliche Gegensätze: Oben die Metropole mit dem Kreissitz, unten kleine, aber feine Städte und Gemeinden. Dort die vermeintliche Ballung von Einrichtungen, hier die gefühlte Ausdünnung. Auf der einen Seite ihr, auf der anderen wir. Wie kritisch sich die Lokalpolitiker bisweilen beäugen, zeigte gestern im Kreistag die Diskussion um die Geriatrie in Illertissen. Dass sich nichts ändert, musste schriftlich fixiert werden. Ein gebranntes Kind scheut das Feuer, so schien es.
Dabei wäre es höchste Zeit, solche Streitigkeiten beizulegen. Schritt eins: die Illertisser Babystation. Deren Gegner sollten akzeptieren, dass die Menschen im Süden berechtigte Forderungen haben, was ihre medizinische Versorgung angeht. Und die Verfechter sollten sich den Fakten stellen, die Prüfer bald auf den Tisch legen wollen. Den Kompass auf Kompromiss ausgerichtet, ließe sich der Weg aus der Krise wohl am schnellsten finden. Daran sollte allen gelegen sein: Ist die Kreiskasse auf Dauer leer, wird nicht investiert. Gefragt ist jetzt ein Vertrauensvorschuss: Die Kommunen müssen den Kreis stützen. Im Gegenzug dürfen sie dann Lösungen erwarten.