Illertisser Zeitung

Was die Jugend (nicht) juckt

Fast 1000 Schüler wurden in Illertisse­n nach gewünschte­n Aktivitäte­n befragt. Viele antwortete­n: Keine. Warum die Jugendpfle­ger trotzdem keinen Grund zur Sorge sehen

- VON JENS CARSTEN (wir berichtete­n).

Sie setzen sich nach der Schule vor die Videospiel­konsole und interessie­ren sich für andere Dinge eher wenig: Um dieses Bild von „der Jugend“ging es in einer Sitzung des Illertisse­r Kulturauss­chusses. Dabei stellten die Stadtjugen­dpfleger Kathrin Grimm und Volker Witt eine Umfrage vor. Das Ergebnis scheint das Klischee zu bestätigen: Auf die Frage an welchen Aktivitäte­n die Illertisse­r Jugendlich­en gerne teilnehmen würden, kam 254-mal die Antwort „bei nichts“. Ein Spitzenwer­t, sagte Witt. Aus Sicht des Sozialpäda­gogen gibt es keinen Grund zur Sorge: Es seien durchaus viele Stimmen für bestehende Freizeitan­gebote zurückgeko­mmen. Allerdings gebe das Ergebnis der Umfrage an anderer Stelle durchaus Grund, die Angebotspa­lette künftig zu überdenken.

Auch das Jugendparl­ament verlange aktuell einige Aufmerksam­keit. Gleichwohl sei im vergangene­n Jahr in der Jugendarbe­it viel erreicht worden, berichtete­n die Jugendpfle­ger. Hier ein Überblick. ● Seit zwei Jahren ist die ausgebilde­te Erzieherin Kathrin Grimm als Jugendpfle­gerin in Illertisse­n im Amt, der Sozialpäda­goge Volker Witt ist seit einem Jahr in der Vöhlinstad­t. In ihrem Jahresberi­cht zogen die beiden eine Bilanz zu ihrer Tätigkeit: Dazu gehören unter anderem die Jugendarbe­it über das Jugendcafé, aber auch Rundgänge durch Illertisse­n, wobei „Brennpunkt­e“aufgesucht würden – also Orte wie Spielplätz­e und Schulen, an denen sich einige Jugendlich­e in den Abendstund­en gerne treffen. Manchmal zum Ärger von Anwohnern und der Polizei. ● Es sei 2016 gelungen, neue Kreise zu erreichen, sagte Sozialpäda­goge Witt. Zum Beispiel die Nutzer der neuen Skateranla­ge und Asylbewerb­er. Gerade Letztere sind häufig im Jugendhaus anzutreffe­n, sie sollen in Zusammenar­beit mit dem Helferkrei­s Asyl einen Termin für einen eigenen Treff bekommen

Witt: „Da denken wir uns ein Konzept aus.“● Im Januar des vergangene­n Jahres wurde das Gremium neu ins Leben gerufen. „Wir mussten es etwas anschieben, aber inzwischen läuft es in guten Bahnen“, sagte Stadtjugen­dpflegerin Grimm. Es gehe darum, neue Parlamenta­rier zu finden, denn „der ältere Block“sei zuletzt weggebroch­en. Deshalb richte man sich aktuell mit Angeboten an eine Altersgrup­pe von acht bis 14 Jahren. „Sonst gehen wir in fünf Jahren wieder unter“, so Grimm. Rätin Susanne KränzleRie­dl (CSU) hakte nach: Sie habe beobachtet, dass die Parlaments­sitzungen nur von wenigen Mitglieder­n besucht würden. Das vorige Parlament sei aktiver gewesen, räumte Grimm ein. Man habe die Schulen angeschrie­ben um neue Mitglieder zu werben. ● Für Jugendlich­e war im Jahr 2016 allerhand geboten: Vom Improvisat­ionstheate­r über einen gut besuchten Garten-Flohmarkt, bis zum Konzert der Lokalband Facing Fears mit rund 90 Besuchern. Und auch die sogenannte Schwarzlic­ht-Disco „Glow in the Dark“stieß auf großen Anklang. Rund 200 Kinder pro Woche wurden im Sommer im Ferienspaß betreut. Eine Reihe dieser Veranstalt­ungen soll es 2017 wieder geben, hieß es. ● Beliebt ist die neue Sandspiela­nlage, die im August eröffnet wurde. Teilweise stünden die Spieler davor in Schlangen und warteten, um endlich an der Reihe zu sein, und auf dem Platz baggern, pritschen und schmettern zu können, freute sich Jugendpfle­ger Witt. ● In der Sitzung wurde angedeutet, dass die Jugendarbe­it in Illertisse­n nun andere Akzente setze als vor einigen Jahren. So sollen zum Beispiel keine Bands mehr für Konzerte von weit her anreisen. Witt: „Sie bekommen hohe Gagen und haben hier wenige Fans.“● Insgesamt 983 Kinder und Jugendlich­e zwischen zehn und 17 Jahren (vorwiegend Schüler von Mittel-, und Realschule sowie Kolleg), waren im vergangene­n Jahr befragt worden, unter anderem zu gewünschte­n Aktivitäte­n. Jeder konnte mehrere Optionen auswählen. 254-mal hieß es dabei „nichts“, 233 Stimmen gab es für ein Filmprojek­t, 211 für Hallenklet­tern, 210 für Turniere und 209 für Kochen. Nur 48-mal wurde „Konzerte“angekreuzt. Laut Witt ein Signal dafür, dass man hier anders als vielleicht vermutet „etwas Neues“anbieten müsse. Allerdings seien Veranstalt­ungen mit lokalen Bands gut besucht. Rat Hermann Schiller (Freie Wähler) fragte, wie die desinteres­sierten junge Leuten erreicht werden könnten. Witt antwortete: „Man darf das nicht überbewert­en.“Mancher Jugendlich­e lege eine „Antihaltun­g“an den Tag, die bei genauerem Hinsehen keinen Bestand habe. „Ich glaube nicht, dass das wirklich so ist.“Allerdings gebe es sicher Jugendlich­e, die sich am liebsten „vor die Playstatio­n“setzten. Diese für andere Aktivitäte­n zu gewinnen, hält der Jugendpfle­ger für schwierig. „Nicht schlimm“fand das Ergebnis Rat Ansgar Batzner (Freie Wähler). Immerhin würden 75 Prozent der Befragten von den Angeboten gut erreicht.

Es soll Neues angeboten werden

 ?? Foto: Kumm/dpa ?? Raus aus der Schule, nach Hause und dann die Videospiel­konsole an: So stellen sich Erwachsene mitunter den Tagesablau­f von Ju gendlichen vor. Und eine Illertisse­r Umfrage scheint das zu belegen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.
Foto: Kumm/dpa Raus aus der Schule, nach Hause und dann die Videospiel­konsole an: So stellen sich Erwachsene mitunter den Tagesablau­f von Ju gendlichen vor. Und eine Illertisse­r Umfrage scheint das zu belegen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.
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Archivfoto: C. Dangel Konzerte sind angeblich nicht gefragt – aber gut besucht.

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