Schluss mit fade
Tomaten gibt es das ganze Jahr in bester Qualität. Allein: Sie schmecken nicht immer. Die Gentechnik soll’s richten
Sie sehen toll aus, frisches Rot, seidig glänzende Oberfläche. Tomaten im Supermarkt wirken im Februar genauso frisch wie im August. Die Züchtung macht es möglich. Allein: Viele moderne Tomatensorten schmecken fade. Ihnen mangelt es an genau jenen chemischen Verbindungen, die für den Geschmack entscheidend sind. Diese subjektive Erfahrung ist nun auch wissenschaftlich belegt. Im Fachblatt berichten Forscher der chinesischen Akademie der Wissenschaften, wie sie versuchen wollen, den Geschmack von Tomaten zu verbessern. Dazu haben sie das Erbgut hunderter moderner und ursprünglicher Tomaten-Varianten sowie der wilden Vorläuferformen der Pflanze verglichen und auf diese Weise zahlreiche Gene identifiziert, die die Bildung von Duft- und Geschmacksstoffen beeinflussen. Die Ergebnisse lieferten einen Fahrplan für eine gezielte Verbesserung des Geschmacks, schreiben die Forscher.
In der Vergangenheit hätten Züchter vor allem auf Merkmale geachtet, welche die Erzeugung und den Transport der Früchte vereinfachten. Die Pflanzen sollten ertragreich sein und Krankheiten widerstehen, die Früchte fest, um lange Transporte zu überstehen. Der Geschmack sei dabei zu kurz gekommen, auch, weil die Analyse von Duft- und Geschmacksstoffen sehr aufwendig sei. Die Forscher hatten zunächst 398 moderne, ursprüngliche und wilde Vorfahren der Tomaten unter die Lupe genommen. Sie sequenzierten das Erbgut und bestimmten den Anteil an solchen Genen, deren Produkte den Geschmack beeinflussen. In erster Linie waren das Gene für Zucker, Säuren und für flüchtige Verbindungen. Dann ließen sie Testpersonen den Geschmack zahlreicher Tomatensorten bewerten. Auf diese Weise identifizierten sie 33 chemische Verbindungen, die mit dem Geschmacksurteil der Testpersonen in Verbindung standen, und 37, die direkt mit der Intensität des Geschmacks korrelierten. Als sie die chemische Zusammensetzung alter und neuer Tomatensorten in Bezug auf den Geschmack untersuchten, fanden die Forscher 13 flüchtige Verbindungen, deren Anteil in modernen Sorten erheblich reduziert war. Der fade Geschmack der heutigen Tomaten sei auf einen Mangel an vielen flüchtigen Verbindungen zurückzuführen, schlussfolgern sie.
Also suchten sie ganz gezielt nach den Genen, welche die Bildung geschmackstragender Stoffe kontrollieren. So gibt es wohl einen Zusammenhang zwischen Gewicht der Frucht und ihrem Zuckergehalt: Je größer die Tomaten, desto geringer ihr Zuckergehalt und damit auch ihr Geschmack. Die Auswahl besonders großer Früchte bei der Züchtung der Tomaten ging also zulasten des Geschmacks. Diese Entwicklung sei aber umkehrbar, schreiben die Forscher. So könnten verloren gegangene Merkmale durch Züchtung wieder eingeführt werden – oder unerwünschte gezielt entfernt werden.
Trotz aller Geschmacksprobleme ist die Tomate das beliebteste Gemüse der Deutschen, sagt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Im Wirtschaftsjahr 2013/2014 hat jeder Bundesbürger knapp 25 Kilogramm Tomaten gegessen. Zwei Drittel in verarbeiteter Form, als Saft, Ketchup oder Tomatenmark.
Je größer die Früchte, desto fader ihr Geschmack