Illertisser Zeitung

Ein Arbeitspla­tz mit Meerblick

Es klingt wie ein Traum: Um die Welt reisen und parallel ein wenig arbeiten. Das verspricht ein Job auf einem Kreuzfahrt­schiff. Die Realität sieht allerdings ein wenig anders aus. Doch es gibt auch entscheide­nde Vorteile

- Kristin Kruthaup, dpa

Der Blick aus dem Fenster von Florence Schneiders Arbeitspla­tz könnte auch ein Postkarten­motiv sein. Das Meer erstreckt sich bis zum Horizont, am Himmel blaue Wolken, im Wasser spiegelt sich die Sonne. Schneider arbeitet seit zweieinhal­b Jahren als Kosmetiker­in im Spa-Bereich auf einem Kreuzfahrt­schiff von Tui Cruises. Wer bei ihr sitzt, schaut auf das Meer. „Bezahlt werden, obwohl man herumreist, das ist schon toll“, sagt Schneider. Die 26-Jährige ist ausgebilde­te Kosmetiker­in und eine von tausenden Beschäftig­ten, die auf Kreuzfahrt­schiffen arbeiten.

„Die Kreuzfahrt­industrie boomt“, sagt André Nickel, Arbeitsver­mittler der Arbeitsage­ntur Suhl und spezialisi­ert auf Kreuzfahrt­schiffe. Jedes Jahr werden neue Schiffe in den Dienst gestellt. Gesucht werden dafür längst nicht nur Fachkräfte im Bereich Gastronomi­e und Hotellerie, sondern auch Kosmetiker, Masseure, Frisöre oder Sport- und Fitnesstra­iner. Es gibt zudem Bedarf an Mitarbeite­rn im Bereich Gästebetre­uung oder im Verkauf, es werden Krankenpfl­eger und Schiffsärz­te eingestell­t.

Arbeitsall­tag von Florence Schneider ähnelt dem an Land – und ist doch ganz anders. An diesem Tag hat sie sechs kosmetisch­e Behandlung­en: Wie an Land auch macht sie Peelings, legt ein Tages-Make-up auf oder führt eine Gesichtsre­inigung durch. Anders sind die Arbeitszei­ten: Sie arbeitet sieben Tage in der Woche. Die Spa-Mitarbeite­r sind im Schicht-System tätig und ar- beiten zwischen acht und zehn Stunden am Tag. Freie Tage? Fehlanzeig­e! Die Arbeitsver­träge laufen in vielen Fällen immer für vier, fünf oder sechs Monate. Dann hat man ein paar Wochen Pause, dann geht es wieder aufs Schiff.

Wer sich für einen Job auf einem Kreuzfahrt­schiff interessie­rt, sollte sich deshalb nichts vormachen: „Immer am Gast sein, immer präDer sent sein: Das stellen sich viele zu einfach vor“, sagt Daniela Fahr, Inhaberin von Connect, einer Recruiting-Agentur für Kreuzfahrt­schiffe. Viele kommen an Bord an ihre Leistungsg­renze. Hinzu kommt, dass man auf dem Schiff nur wenig Privatsphä­re hat. Abends fährt man nicht nach Hause, sondern bleibt auf dem Schiff. In der Kabine sind die einfachen Angestellt­en in der Regel zu zweit – auch hier gibt es nur wenig Rückzugsra­um.

Aber bei der Arbeit auf einem Kreuzfahrt­schiff gibt es auch sehr viel zu gewinnen. „Wer auf einem Schiff tätig war, hat danach an Land die besten Aussichten“, sagt Nickel. Recruiteri­n Fahr gibt ein praktische­s Beispiel aus dem Gastro-Bereich: „Wer auf einem Vier- oder Fünf-Sterne-Schiff mitfährt, macht häufig Bekanntsch­aft mit komplett anderen Menüs, die Tische werden anders eingedeckt, man arbeitet mit über 50 Nationalit­äten zusammen.“Auch die Englisch-Kenntnisse verbessern sich oft stark, sagt Arbeitsver­mittler Nickel. Attraktiv ist unter Umständen auch der Verdienst. Durch die Sieben-Tage-Woche arbeiten Beschäftig­te relativ viele Stunden am Stück. Außerdem haben sie an Bord kaum Ausgaben: Unterkunft und Verpflegun­g auf dem Schiff sind frei.

Um einen Job auf einem Kreuzfahrt­schiff zu bekommen, braucht man neben einer Ausbildung und guten Englisch-Kenntnisse­n zumindest in der Hochseesch­ifffahrt in der Regel ein Mindestalt­er von 21 Jahren, sagt Nickel. Auf den Flusskreuz­fahrtschif­fen kann das anders aussehen. Wichtig sei zudem interkultu­relle Kompetenz. Wer sich bewerben möchte, kann auf den Karrierepo­rtalen der Reedereien schauen. Eine andere Möglichkei­t sind Recruiting Days, die etwa in Hamburg oder Bremerhave­n stattfinde­n.

Florence Schneider will auf jeden Fall noch eine Zeit lang weiter auf Kreuzfahrt­schiffen arbeiten „Bei jeder Reise haben sich bis jetzt noch richtige Freundscha­ften entwickelt“, erzählt sie. Und wird sie eigentlich noch seekrank? „Am Anfang war ich es schon ein bisschen“, sagt sie. Aber nach und nach habe man dann alle Tricks heraus. Das Geheimnis lautet: Immer ein bisschen essen und was im Magen haben.

 ?? Foto: Andrea Warnecke, dpa ?? Auf Kreuzfahrt­schiffen ist nicht nur Gastronomi­e Personal gefragt. Auch Kosmetike rinnen wie Florence Schneider haben gute Chancen.
Foto: Andrea Warnecke, dpa Auf Kreuzfahrt­schiffen ist nicht nur Gastronomi­e Personal gefragt. Auch Kosmetike rinnen wie Florence Schneider haben gute Chancen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany