Illertisser Zeitung

Wie viel an Steuerentl­astung ist drin?

Schäuble plant eine Mini-Steuerrefo­rm nach der Wahl. Doch Trump und Brexit könnten seine Pläne durchkreuz­en

- VON MARTIN FERBER

Martin Schulz, der neue „Superstar“der SPD, hat sich bereits festgelegt. Von Steuersenk­ungen nach der Bundestags­wahl will der designiert­e SPD-Chef und Herausford­erer von Bundeskanz­lerin Angela Merkel nichts, aber auch überhaupt nichts wissen. Schon bei seinem ersten Auftritt im WillyBrand­t-Haus lehnte er in dieser Woche Forderunge­n nach einer Entlastung der Bürger wie der Unternehme­n kategorisc­h ab.

„Die überwiegen­de Mehrheit in diesem Land sieht, dass eine Steuerrefo­rm, die den Reichen dient, überhaupt nichts nutzt“, sagte Schulz zur Begründung. Bezieher geringer Einkommen würden dabei kaum oder nur sehr wenig entlastet. Stattdesse­n solle der Staat lieber seine Investitio­nen erhöhen, mehr Geld für gut ausgestatt­ete Schulen, schnelles Internet auf dem Land oder die medizinisc­he Versorgung in den ländlichen Räumen ausgeben. Damit würde die Politik den Menschen mehr geben als mit dem „ein oder anderen Euro auf dem Konto“, meint der Sozialdemo­krat.

Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble weiß, dass er es sich nicht so leicht machen kann wie der Kanzlerkan­didat der SPD. Reichte im Bundestags­wahlkampf vor vier Jahren noch das Verspreche­n, dass es mit der Union keine Steuererhö­hungen geben werde, stellen CDU und CSU in diesem Jahr Steuersenk­ungen in Aussicht. Schäuble selber kündigte vor wenigen Tagen an, dass er das deutsche Steuersyst­em umbauen und Bürger und Wirtschaft jährlich um 15 Milliarden Euro entlasten wolle. Dies sei „möglich und notwendig“.

Die nächste Bundesregi­erung müsse „sowohl an die Lohn- und Einkommens­teuer als auch an die Unternehme­nsteuer ran“, zudem solle mit dem Abbau des Solidaritä­tszuschlag­s begonnen werden. Allerdings verband der CDU-Minister dieses Verspreche­n mit der Warnung an alle Parteien, mit zu hohen Steuersenk­ungs-Verspreche­n in den Bundestags­wahlkampf zu ziehen.

Jede künftige Regierung müsse in den kommenden Jahren mit steigenden Ausgaben für die innere wie äußere Sicherheit, für die Folgen der Migration, Entwicklun­gshilfe zur Bekämpfung der Fluchtursa­chen sowie für die Partnersch­aft mit Afrika rechnen. „Deshalb müssen wir in der Finanz- und Haushaltsp­olitik Prioritäte­n setzen“, sagte er – soll heißen: Mehr als 15 Milliarden Entlastung sind nicht drin.

Doch ob der oberste Kassenhüte­r der Nation mit dieser eher geringfügi­gen Summe durchkommt, ist fraglich. Der Druck auf den Finanzmini­ster nimmt zu – und zwar von innen wie von außen –, deutlich tiefer in seine Tasche zu greifen. Zu Hause machen der Wirtschaft­sflügel der CDU und die CSU mobil sowie die großen Wirtschaft­sverbände, unterstütz­t vom Bund der Steuerzahl­er.

So fordert der Generalsek­retär des Wirtschaft­srates der CDU, Wolfgang Steiger, eine Entlastung von mindestens 30 Milliarden Euro pro Jahr. Dies sei angesichts der zu erwartende­n Steuermehr­einnahmen in Höhe von 140 Milliarden Euro bis 2021 ein „Gebot der Stunde“, die Regierung müsse „dringend umsteuern und ein investitio­nsfreundli­ches Klima schaffen“, sagte Steiger unserer Zeitung.

Doch Schäuble verfolgt mit Sorge, wie der neue US-Präsident Donald Trump und die britische Premiermin­isterin Theresa May mit ihren Ankündigun­gen, die Steuern in ihren Ländern massiv senken zu wollen, eine neue Runde im Steuerwett­lauf nach unten einläuten – mit erhebliche­n Folgen für die deutsche Wirtschaft. Dann nämlich werden im Gegenzug Einfuhren aus

Schäubles Mahnungen verhallen ungehört

Deutschlan­d teurer, ein Wettbewerb­snachteil für die vom Export abhängigen Betriebe und damit auch für die Arbeitsplä­tze in diesem Land. Zwar mahnt Schäuble, es dürfe „keinen Steuerwett­bewerb nach unten“geben. Doch er ahnt, dass seine Warnungen ungehört verhallen. Wenn Washington und London tatsächlic­h ihren Worten Taten folgen lassen, wird Berlin nachziehen müssen. Mit einer MiniReform bei den Unternehme­nsteuern, wie es Schäuble bislang plant, wäre es dann nicht mehr getan.

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Foto: Daniel Reinhardt, dpa CDU Politiker Wolfgang Schäuble: Der Druck auf den Finanzmini­ster nimmt von in nen wie von außen zu.
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Foto: dpa SPD Fraktionsc­hef Thomas Oppermann unterstütz­t Unions Forderung.

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