Illertisser Zeitung

Europa bewirbt sich

Warum auf einmal so viele Länder Zweiter sein wollen

- VON CHRISTINA HELLER

Satire war schon immer ein Weg, um mit Dingen umzugehen, die einen fassungslo­s machen – so ist es auch bei Donald Trump. Der hatte in seiner Antrittsre­de gefordert, Amerika solle wieder an erster Stelle stehen – „America First“also. Und nun?

Zum Glück kehrte vergangene Woche Jan Böhmermann ins Fernsehen zurück, quasi Deutschlan­ds Chef-Satiriker. Auf ihn ist Verlass – zumindest, wenn es darum geht, medienwirk­sam für Wirbel zu sorgen. Dass er nicht davor zurückschr­eckt, sich mit Staatspräs­identen anzulegen, ist seit dem Schmähgedi­cht gegen den türkischen Präsidente­n Erdogan ja bekannt. Böhmermann hatte folgende Idee: Wenn Amerika Erster ist, wer belegt dann Platz zwei? Also startete er mit einigen anderen Late-Night-Formaten ein Bewerbungs­video-Portal.

Vorgemacht hat es die holländisc­he Sendung „Zondag met Lubach“. Doch weil deren Video „so lustig war, dass man es nicht mehr toppen kann“, so Böhmermann, hätten die anderen europäisch­en Staaten nur gemeinsam eine Chance.

Vor zwei Wochen zeigten die Holländer ihren Film, in dem ein Sprecher Trumps Stimme und Wortschatz nachmachte. Ein Argument war der gigantisch­e Ozean, den Holland zwischen sich und Mexiko errichtet hätte. „Er ist so groß, dass man ihn sogar vom Mond sehen kann“, heißt es. Und: „Wir haben die Mexikaner dafür zahlen lassen.“Auch Böhmermann argumentie­rt mit den deutschen Mauerbauer­fahrungen – für die die Russen bezahlt hätten. Bislang beteiligen sich elf weitere Länder: die Schweiz, Dänemark, Österreich, Litauen, Spanien, Estland, Belgien, Portugal, Island, Luxemburg und Australien.

Der Spott über den US-Präsidente­n ist kein reines Medienphän­omen, auch der Fußball-Drittligis­t Rot-Weiss Essen veralberte Trump in einer Pressekonf­erenz zum 110. Vereinsjub­iläum. Ein falscher Funktionär verkündete, es werde eine Mauer zwischen Essen und Gelsenkirc­hen geben, um zugewander­te Fans fernzuhalt­en. Außerdem solle ein Stadionver­bot für Menschen in Jeans kommen. Der Grund: Abhängige Experten hätten bewiesen, dass diese häufiger Straftaten begehen. Damit wollte der Verein für Medienfrei­heit werben.

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Screenshot: everysecon­dcounts.eu Auf diesem Portal werben die Staaten für sich.

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