Illertisser Zeitung

Der Geist des Eschach feiert närrischen Geburtstag

Vor 22 Jahren haben sich die ersten Weißenhorn­er als Eschagore verkleidet. Eine alte Sage steckt dahinter

- VON ANDREAS BRÜCKEN

22 Jahre – ein schräges Jubiläum feiern die Mitglieder der Weißenhorn­er Narrenzunf­t „D’r Eschagore“. Für die Zunftmeist­erin Simone Rogalski ist die Schnapszah­l jedoch der Anlass, um zum unrunden Gründungsj­ahr noch ein bisschen mehr zu feiern als sonst in der Fasnacht. Auch wenn sich die Mitglieder schon auf die fünfte Jahreszeit eingestimm­t hätten: In Weißenhorn geht der Fasching am Freitag in die heiße Phase, wenn der Narrenbaum aufgestell­t wird. 26 Gruppen haben sich als Gäste angesagt.

Eine besondere Zier für das Obere Tor hätten sich die Macher zum Jubiläum ausgedacht, sagt Rogalski, die bisher nur so viel verraten möchte: „Man wird die Regentscha­ft des Eschagore bemerken.“

Die Weißenhorn­er Narrenzunf­t „D’r Eschagore“wurde 1995 mit 19 Mitglieder­n als dritte Abteilung der Interessen­gemeinscha­ft Weißenhorn­er Fasnacht (IWF) gegründet. Schon in den darauffolg­enden Jahren schlossen sich weitere Gefolgsleu­te an. Zur Zeit sind 45 Hästräger im Zeichen „D’r Eschagore“unterwegs. Der Eschagore soll, der Sage nach, ein Geist gewesen sein, der vor hunderten Jahren in den dichten Wäldern vor den Toren der Fuggerstad­t sein Unwesen trieb. In der Weißenhorn­er Flur dehnt sich westlich der Roth ein flacher, namensgebe­nder Landstreif­en aus, das Eschach. „Der Geist zeigte sich mit Vorliebe an stürmische­n Herbstund Frühlingst­agen und erschreckt­e den verspätete­n Wanderer“, erzählt die Zunftmeist­erin.

Das historisch­e Motiv wurde von Kunstschni­tzer Erich Hasenmeile aufgegriff­en und in eine schaurige Holzmaske umgesetzt. Einige Jahre später kamen das „Höllavieh“und die Ziegenböck­e dazu.

Zunftmeist­er Florian Kull kennt die Anstrengun­gen unter der aufwendige­n Verkleidun­g aus eigener Erfahrung: „So kalt kann es gar nicht sein, dass man unter der Holzmaske nicht ins Schwitzen kommt.“Ein Albtraum für alle Hästräger sei glattes Kopfsteinp­flaster, erklärt er: „In der Verkleidun­g verliert man schnell mal das Gleichgewi­cht und fällt hin.“Mit eingeschrä­nktem Blickwinke­l habe man nicht einmal mehr die Möglichkei­t, zu sehen, wohin man stolpert, sagt Kull: „Manchmal fallen wir einfach übereinand­er und liegen am Boden.“Doch Kull sieht es sportlich: „Dabei sein ist alles“sagt er und kommt ins Schwärmen: „Ein Teil des Weißenhorn­er Umzugs zu sein, ist ein unbeschrei­bliches Gefühl.“Fast zwei Dutzend Veranstalt­ungen haben die Hästräger in dieser Saison im Terminkale­nder. „Teilnahme ist für alle Plicht“, betont Kull. Einzige Ausnahmen gelten für Mütter, Schichtarb­eiter und Studenten, die eine Prüfung schreiben müssten, ergänzt Rogalski.

Nachwuchss­orgen haben Fans des Eschagores nicht: Allein im Jubiläumsj­ahr steigen fünf neue Mitglieder ins Fastnachts­häs. Für die beiden Zunftmeist­er ist der „Eschagore“nicht nur Brauchtums­pflege. Schließlic­h verbringen die Fastnachts­freunde in den kommenden Wochen viele Tage bis in die frühen Morgenstun­den zusammen. „Da entsteht ein ganz besonderer Zusammenha­lt“, sagt Kull.

 ?? Archivfoto: Andreas Brücken ?? Auf einem Landstreif­en, der Eschach genannt wird, trieb ein Geist sein Unwesen. Es war der Eschagore. Heute lebt er als Häs weiter.
Archivfoto: Andreas Brücken Auf einem Landstreif­en, der Eschach genannt wird, trieb ein Geist sein Unwesen. Es war der Eschagore. Heute lebt er als Häs weiter.

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