Illertisser Zeitung

Historisch­e Audienz in Rom

500 Jahre Reformatio­n: Die evangelisc­he Kirche lädt den Papst nach Deutschlan­d ein. Macht die Ökumene jetzt neue Fortschrit­te?

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Kommt er oder kommt er nicht? Das ist nach der Privataudi­enz der Spitze der evangelisc­hen Kirche bei Papst Franziskus im Vatikan die Frage. Denn die vom EKD-Vorsitzend­en und bayerische­n Landesbisc­hof Heinrich Bedford-Strohm angeführte Delegation hat bei ihrem Besuch im Vatikan am Montag offiziell nach Deutschlan­d eingeladen. 500 Jahre nach Beginn der Reformatio­n in diesem Land wäre ein solcher Besuch ein besonders starkes Zeichen für die Annäherung von katholisch­er und evangelisc­her Kirche.

Der Papst habe mit einem „wohlwollen­den Lächeln“reagiert, berichtete­n Teilnehmer des 45 Minuten langen Treffens. „Wir hoffen, dass er irgendwann nach Deutschlan­d kommt“, sagte auch Reinhard Kardinal Marx, der als Gast an der Audienz teilnahm – der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz war von der EKD eingeladen worden, die Delegation in den Vatikan zu begleiten. Die Teilnehmer betonen, dass man ganz im wörtlichen Sinne in der Ökumene „gemeinsam unterwegs“sei.

Auch vom Papst gab es aufmuntern­de Worte Richtung Ökumene. Katholiken und Protestant­en sollten „mutig und entschloss­en auf eine immer vollkommen­ere Einheit hin fortschrei­ten“, sagte Franziskus in seiner Ansprache. Konkrete, theologisc­he Schritte folgten dabei jedoch nicht. Unter Franziskus, so sind sich viele Beobachter einig, ist eine Belebung in der Ökumene festzustel­len. Theologisc­he Differenze­n wie die Anerkennun­g des päpstliche­n Primats oder die Priesterwe­ihe von Frauen bleiben allerdings nach wie vor ein Hindernis.

Die Atmosphäre dagegen könnte kaum besser sein: Papst Franziskus wich in seiner Rede einmal vom Manuskript ab und lobte BedfordStr­ohm auf Deutsch als „Mann mit Feuer im Herzen!“. Der bayerische Landesbisc­hof pries zuvor die soziale Agenda des Papstes. „Verantwort­lich handeln im christlich­en Sinne heißt, mitzuhelfe­n, dass Menschen, die vor Terror und Gewalt fliehen, einen Ort finden, an dem sie sicher leben können“, sagte Bedford-Strohm. Die christlich­en Kirchen sollten in diesem Sinne im Reformatio­nsjahr „weltweit gemeinsam ihre Stimme erheben“.

Kardinal Marx stellte ein „neues Momentum für die Ökumene“im Reformatio­nsjahr 2017 fest, in dem Katholiken und Protestant­en zahlreiche gemeinsame Gedenkvera­nstaltunge­n in Erinnerung an Martin Luther und die Reformatio­n geplant haben. „Da werden Dinge folgen“, ist sich Marx sicher. Vatikan und evangelisc­he Kirche beraten derzeit über mögliche Fortschrit­te in der Frage der gemeinsame­n Feier des Abendmahls.

Spielraum signalisie­rten beide Seiten insbesonde­re für gemischtko­nfessionel­le Paare. Papst Franziskus hatte bei einem Besuch in einer evangelisc­hen Kirche in Rom im November 2015 diese Paare zu einer Gewissensb­efragung ermuntert. Da es theologisc­he Unterschie­de im Verständni­s der Eucharisti­e gibt, verbietet die katholisch­e Kirche bislang das gemeinsame Abendmahl. „Ich bin sehr zuversicht­lich, dass wir an dieser Stelle weiterkomm­en“, sagte Bedford-Strohm.

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Foto: dpa Papst Franziskus empfängt EKD Chef Heinrich Bedford Strohm.

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