Illertisser Zeitung

Aufstand der Anständige­n

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

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Korruption fängt im Kleinen an. Der Zollbeamte, der nur gegen Bakschisch die Abfertigun­g beschleuni­gt, der Polizist, der Geld nimmt und dann wegschaut, der Beamte im Bauamt, der seine „Freunde“bevorzugt . . . selbst wenn es im Einzelfall um geringe Beträge geht, Bestechung und Bestechlic­hkeit lähmen einen Staat. Deswegen kann es nicht angehen, im EU-Mitgliedsl­and Rumänien eine Freigrenze für Korruption einzuführe­n.

Die Menschen im Land haben sich dagegen erhoben. Die Demonstrat­ionen wurden von mal zu mal mächtiger, am Sonntag kam es zur größten Kundgebung seit der Revolution von 1989. Die Regierung hat ihr umstritten­es Dekret zurückgezo­gen. Ob sie ganz von dem Vorhaben lässt, ist nicht klar.

In Rumänien spielt sich eine Machtprobe ab. Einerseits schüren die Mitte-rechts-Parteien, von ihrer Wahlnieder­lage gegen die Sozialdemo­kraten schwer getroffen, den Protest. Anderersei­ts findet ein Aufstand der Anständige­n statt, den die Regierung selbst ausgelöst hat.

Das Kabinett wollte mit der Freigrenze für Korruption keineswegs nur die Gefängniss­e von Kleinkrimi­nellen entlasten, sondern vor allem die angeschlag­enen eigenen Leute reinwasche­n. So den vorbestraf­ten Liviu Dragnea, seit 2015 Parteichef als Nachfolger des unhaltbar gewordenen Ministerpr­äsidenten Victor Ponta. Die Regierungs­partei hat persönlich­e Interessen über die Interessen des Landes gestellt. Das ist auch eine Art von Korruption. Gut, dass die Bürger da nicht mitmachen.

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