Aufstand der Anständigen
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Korruption fängt im Kleinen an. Der Zollbeamte, der nur gegen Bakschisch die Abfertigung beschleunigt, der Polizist, der Geld nimmt und dann wegschaut, der Beamte im Bauamt, der seine „Freunde“bevorzugt . . . selbst wenn es im Einzelfall um geringe Beträge geht, Bestechung und Bestechlichkeit lähmen einen Staat. Deswegen kann es nicht angehen, im EU-Mitgliedsland Rumänien eine Freigrenze für Korruption einzuführen.
Die Menschen im Land haben sich dagegen erhoben. Die Demonstrationen wurden von mal zu mal mächtiger, am Sonntag kam es zur größten Kundgebung seit der Revolution von 1989. Die Regierung hat ihr umstrittenes Dekret zurückgezogen. Ob sie ganz von dem Vorhaben lässt, ist nicht klar.
In Rumänien spielt sich eine Machtprobe ab. Einerseits schüren die Mitte-rechts-Parteien, von ihrer Wahlniederlage gegen die Sozialdemokraten schwer getroffen, den Protest. Andererseits findet ein Aufstand der Anständigen statt, den die Regierung selbst ausgelöst hat.
Das Kabinett wollte mit der Freigrenze für Korruption keineswegs nur die Gefängnisse von Kleinkriminellen entlasten, sondern vor allem die angeschlagenen eigenen Leute reinwaschen. So den vorbestraften Liviu Dragnea, seit 2015 Parteichef als Nachfolger des unhaltbar gewordenen Ministerpräsidenten Victor Ponta. Die Regierungspartei hat persönliche Interessen über die Interessen des Landes gestellt. Das ist auch eine Art von Korruption. Gut, dass die Bürger da nicht mitmachen.