Illertisser Zeitung

Wie eine 91 Jährige bei einer Entführung half

Ihr Sohn soll die Tat geplant haben. Das Lösegeld ging an sie. Was wusste die Frau?

- (dpa)

Als die kleine, weißhaarig­e Frau den Gerichtssa­al betritt, muss sie sich an jeder Stuhllehne abstützen. Die 91-Jährige wirkt gebrechlic­h, aber gefasst, als das Landgerich­t Aurich das Urteil verkündet: Wegen Beihilfe zum erpresseri­schen Menschenra­ub wird die Frau zu zwei Jahren Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldbuße von 3000 Euro verurteilt. Denn das Gericht nimmt ihr nicht ab, dass sie von der Entführung eines Reeders nichts gewusst haben will. „Wenn Sie das geglaubt haben, glauben Sie auch an den Weihnachts­mann“, sagte der Richter. Als Drahtziehe­r der Entführung gilt der Sohn der Frau.

Der Reeder wurde im April 2016 bei einer fingierten Polizeikon­trolle auf dem Weg zur Arbeit entführt. Das geforderte Geld von einer Million Euro wurde zwar zunächst an die 91-Jährige überwiesen, von der Bank aber wieder zurückgebu­cht. Das Opfer war in der Zwischenze­it freigekomm­en.

Der erste Versuch, den Reeder zu entführen, scheiterte, denn das Opfer hatte einen Beifahrer dabei. Am Tag darauf jedoch gelingt die vermeintli­che Verkehrsko­ntrolle, die die in Polizeiuni­formen verkleidet­en Täter vorspielen: Sie überwältig­en den Reeder, bringen ihn mit verbundene­n Augen in eine Ferienwohn­ung. Die maskierten Entführer zwingen ihr Opfer, sich auszuziehe­n, verpassen ihm Schläge, drohen mit einem Messer sein Ohr abzuschnei­den, sollte er einen Schuldsche­in über eine Million Euro nicht unterschre­iben. Dieser willigt schließlic­h ein und ruft einen Freund an, der das Geld auf das Konto der 91-Jährigen überweist. Der Bekannte vermutet eine Entführung und alarmiert die Polizei.

Die 91-Jährige kündigte ihrer Bank den Zahlungsei­ngang an und sagt, es handele sich um eine Erbschaft aus Frankreich. Als sie erfährt, dass das Geld erst später abgehoben werden kann, geraten die Pläne durcheinan­der. Ihr Sohn weist die Komplizen an, die Freilassun­g hinauszuzö­gern. Diese werden misstrauis­ch, trinken Whiskey mit dem Entführten und lassen ihn gegen eine künftige Zahlung von 100000 Euro frei. Die Aussage des Reeders, DNA-Spuren sowie Fotos misstrauis­ch gewordener Anwohner führen schließlic­h zur Festnahme von sechs Beteiligte­n.

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Foto: afp Die „Sailing Yacht A“hat den Kieler Hafen verlassen. Mit 143 Metern Länge und 25 Metern Breite ist sie die größte Segeljacht der Welt.
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Foto: dpa Das Lösegeld wurde auf das Konto der alten Dame eingezahlt.

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