Auf dem höchsten Gipfel angekommen
Wie Patriots-Trainer Bill Belichick und Superstar Tom Brady ein fast verlorenes Finale drehten
Der Superbowl liefert jedes Jahr neuen Stoff für sportliche Legenden. In diesem Jahr haben zwei der Allergrößten des American Football ihre gemeinsame Heldengeschichten veredelt: Bill Belichick und Tom Brady von den New England Patriots hatten schon vor dem Spiel ihren Platz als erfolgreichstes Trainer-Spielmacher-Gespann aller Zeiten in den Geschichtsbüchern sicher. Doch nach dem 34:28-Sieg nach Verlängerung zeichnen die beiden nicht nur für die größte Aufholjagd der Finalgeschichte verantwortlich, sie krönten auch eine Saison, in der die Mannschaft große Hindernisse überwinden musste.
Wie eine Zusammenfassung der Saison in einem Spiel sei das Finale gewesen, sagte Passempfänger Julian Edelman nach dem Schlusspfiff. Der Start der Runde war mehr als schwierig: Superstar Brady fehlte in den ersten vier Spielen gesperrt. Die Patriots hatten in der Saison zuvor bei eigenen Angriffen weniger stark aufgepumpte Bälle verwendet und sich so einen kleinen Vorteil verschafft. Brady wurde beschuldigt, davon gewusst zu haben und musste nach monatelangem medial breitgetretenem Streit mit der Liga-Führung aufs Sünderbänkchen. Die Fans haben das nicht verziehen: NFL-Chef Roger Goodell wurde auch deshalb gnadenlos ausgebuht, als er den Patriots den Siegerpokal überreichte.
Doch was andere Mannschaften aus der Bahn geworfen hätte, steckten die Patriots weg. Belichick führte sein Team auch mit Ersatz-Quarterback Jimmy Garoppolo zu drei Siegen aus den Spielen ohne Brady. Es zeigte sich wieder einmal: Belichicks Mannschaften geben nicht auf. Der Meistertrainer verlangt von seinen Spielern in jeder Minute hundertprozentige Hingabe und Glauben an den Erfolg. Und er scheut sich nicht, ein Exempel an denen zu statuieren, die nicht voll mitziehen: Während der Saison verschenkte er seinen besten Verteidiger Jamie Collins zum Kellerkind nach Cleveland. Dem Vernehmen nach, weil ihm dessen Einstellung nicht passte.
Das Finalspiel folgte einem ähnlichen Muster: Zu Beginn lief alles gegen die Patriots. Atlanta lieferte bis Mitte des dritten Viertels eine überragende Partie ab. Die Abwehr ließ kein Laufspiel zu, setzte Brady permanent unter Druck und jagte den Patriots zweimal den Ball ab. Im Angriff präsentierte sich Spielmacher Matt Ryan als herausragender Kopf einer vor starken Spielern strotzenden Truppe. Die 28:3-Führung nach drei Vierteln war ein Resultat des ständigen Drucks, den die Falcons ausübten.
Doch wie beim Fehlen Bradys fand Belichick auch im Finale den Weg aus der drohenden Katastrophe. Die Verteidigung schaffte es in Hälfte zwei, Ryan effizienter zu stören. Und im Angriff verschafften seine Vorderleute Brady die Zeit, seine Pässe an den Mann zu bringen.
Der Trainer dirigierte, Brady brillierte und Atlanta musste zusehen, wie der 25-Punkte-Vorsprung immer weiter zusammenschmolz. Ein Touchdown von James White in der Verlängerung brachte Brady und Belichick ihren fünften gemeinsamen Meistertitel und damit ihren Platz als erfolgreichste Vertreter ihrer Zunft.