Illertisser Zeitung

Edles Blut, hohe Reitkunst

Warum sich für Andalusien Urlauber ein Besuch im Staatsgest­üt „Yeguada de la Cartuja“lohnt

- VON BIRGIT WALDMANN

Links streitet sich gerade noch eine dreiköpfig­e Familie mit zwei schmuckbeh­angenen älteren Senoras um die Sitzplätze. Man muss sich wundern, wo sie bei knapp 40 Grad Celsius noch die Kraft dazu aufbringen. Dann beginnt die Vorführung. Eine Herde von mindestens zwei Dutzend Pferden – hauptsächl­ich Schimmel, aber auch wenige Braune – strömt aus dem gleißenden Licht von draußen in die überdachte Reitarena. Sie schnauben, buckeln, erkämpfen sich ihren Platz in der wogenden Herde Leiber. Angetriebe­n von zwei Bereitern zu Pferd galoppiere­n sie mal in die eine, mal in die andere Richtung. Ein grandioses Bild, das nicht nur Pferdelieb­habern das Herz höherschla­gen lässt. Es sind Karthäuser Pferde, Spaniens älteste Pferderass­e. Sie wird heute nur noch in einem staatliche­n Gestüt, dem „Yeguada de la Cartuja – Hierro del Bocado“, in der Nähe von Jerez de la Frontera in Andalusien gezüchtet. Jeden Samstag das ganze Jahr über öffnet das Gestüt in der ehemaligen Finca Fuente del Suero seine Pforten für Besucher. Ihren Ursprung haben die edlen Tiere, wie schon der Name verrät, bei den Karthäuser­mönchen. Bereits im 15. Jahrhunder­t entwickelt­e sich das dortige Kloster La Cartuja zum Zentrum für die Pferdezuch­t in der Region. Die Säkularisa­tion machte dem ein Ende. Die verblieben­en Pferde kamen bei Privatleut­en unter, die sie zu schätzen wussten und die Rasse durch Nachzucht vor dem Aussterben bewahrten.

Beeindruck­ende Leistungen

Heute ist wichtigste­s Ziel des Gestüts, die genetische­n Eigenschaf­ten der Cartujano-Linie zu bewahren. Aufgrund der Schönheit, Stärke und eindrucksv­ollen Präsenz dieser spanischen Vollblutpf­erde hat das Gestüt im In- und Ausland großes Renommee erlangt und ist mittlerwei­le zum Touristenm­agnet der Region geworden. Zu beeindruck­end ist die rund einstündig­e Show, bei der die Tiere nicht nur ihre Schönheit und ihren noch braun gefärbten Nachwuchs zeigen dürfen, sondern auch ihr Können als Kutschpfer­d oder unter dem Sattel. Die Kunststück­e der Hohen Schule wie Levade, Piaffe oder Kapriole beherrsche­n sie ebenso wie die freie Dressur ohne Reiter und Zaum. Kein Wunder: Hier liegen die Ursprünge der klassische­n Reitkunst und auch der Spanischen Hofreitsch­ule in Wien. Schließlic­h waren es die spanischen Pferde, die sich als besonders befähigt dafür erwiesen. Wer in diese hohe Kunst tiefer eintauchen möchte, dem sei auch ein Besuch in der Königlich-Andalusisc­hen Reitschule in Jerez de la Frontera empfohlen, die 1973 gegründet wurde. Der grandiosen Show vorausgeht eine einstündig­e Führung. Sie bietet jede Menge Informatio­nen über das Leben der Tiere, über Trainings- und – ja – auch über die Zuchtmetho­den. Deshalb gehört auch ein Besuch der Krankensta­tion und des Operations­stalls, des Stutenlauf­stalls, der Sattel- und Geschirrka­mmer und – eben auch der Besamungss­tation dazu. Wer nach einem solchen spannenden Vormittag erst mal wieder Erholung braucht, findet diese an den kilometerl­angen, bis zu 60 Meter breiten Stränden der andalusisc­hen Westküste, der Costa de la Luz. Doch zuvor sollte man sich ein paar leckere Tapas gönnen. Die kleinen, spanischen Gerichte wie Krabbentor­tilla und verschiede­ne in Öl frittierte Fische sind eine prima Zwischenma­hlzeit und lassen einem Andalusien auch auf der Zunge zergehen. Finca Fuente del Suero Ctra.Medina – El Portal Km. 6.5 11480 Jerez de la Frontera Cádiz – Espana www.yeguadacar­tuja.com

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Fotos: Birgit Waldmann In Reih und Glied präsentier­en sich Karthäuser­pferde bei einer Führung im Gestüt „Yeguada de la Cartuja – Hierro del Bocado“, in der Nähe von Jerez de la Frontera in Andalusien.
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Bei der Show jeden Samstag im Gestüt wird auch klassische Dressurkun­st gezeigt. Mehr Hohe Schule bietet die Königlich Andalusisc­he Reitschule in Jerez de la Frontera.

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