Riskantes Geschäft oder Betrug?
Eine Frau gibt einem Immobilienkaufmann 300 000 Euro für den Umbau eines Modehauses. Doch der zahlt das Darlehen nicht zurück – weil das scheinbar lukrative Projekt misslingt
Es schien ein lukratives Vorhaben zu sein: Ein Modehaus in Ehingen an der Donau, einst in Familienbesitz, sollte zu einer Filiale der Kette H&M umgebaut werden. Eine Unternehmerin aus Mindelheim sah eine gute Möglichkeit, damit in kurzer Zeit mehr Geld zu erwirtschaften als durch eine Anlage auf der Bank. Also gab sie einem Immobilienkaufmann aus dem Raum Weißenhorn, der an dem Projekt zu 50 Prozent beteiligt war, ein Darlehen in Höhe von 300 000 Euro. Das scheinbar sichere Geschäft missglückte und die Frau verlor ihr Geld. Sie klagte – weil sie sich von dem Mann betrogen fühlte.
Nun wurde der Fall vor dem Neu-Ulmer Schöffengericht verhandelt. Laut Anklage hatte der Immobilienkaufmann das Geld unrechtmäßig für sich verwendet, anstatt das zweckgebundene Darlehen wie vereinbart an die Frau zurückzuzahlen. Zudem soll er ihr falsche Tatsachen vorgespiegelt haben, weil er der Investorin seine missliche finanzielle Lage nicht offenbarte. Der Angeklagte geriet nämlich zwischenzeitlich in Insolvenz.
Heiko Weber, der Rechtsanwalt des Immobilienkaufmanns, verlas vor Gericht eine ausführliche Erklärung, um darzulegen, warum die Staatsanwaltschaft in dem Fall von falschen Tatsachen ausgehe. Demnach habe es sich um kein Darlehen zur Finanzierung des Projekts gehandelt, sondern um ein Darlehen zur Finanzierung des zu erwartenden Gewinnes.
Solche Darlehen seien durchaus üblich, sagte der als Zeuge geladene Unternehmensberater, der den Kontakt zwischen dem Immobilienkaufmann und der Frau hergestellt hatte. „Das ist eine Finanzspritze, bis ein Objekt durch Verkauf einen Gewinn abwirft.“
Doch bis heute wirft das Geschäft für die Beteiligten keinen Gewinn ab, obwohl der Laden nach Aussage eines Ulmer Architekten, der zusammen mit dem Immobilienkaufmann in das Projekt eingestiegen war, inzwischen sehr gut läuft.
Was war passiert? Noch bevor der Umbau des Modehauses im Jahr 2013 abgeschlossen war, hatten die Projektpartner den Laden an H&M vermietet und die Immobilie wiederum an eine Hamburger Fondsgesellschaft verkauft. Doch dann kam es zu Verzögerungen, ein Sturm- und ein Brandschaden hatten zur Folge, dass die Modekette den Laden erst zwei Monate nach dem vereinbarten Termin beziehen konnte. Dafür verlangte der Konzern immense Vertragsstrafen – dem Angeklagten zufolge 4000 Euro pro Tag. „Für uns ist das Objekt immer noch nicht abgewickelt“, sagte der Architekt. „Doch die Hamburger Fondsgesellschaft freut sich.“
Rechtsanwalt Weber betonte, dass sich bei dem Projekt ein wirtschaftliches Risiko ergeben habe, das der Unternehmerin als erfahrener Geschäftsfrau bewusst gewesen sein müsse: „Es handelte sich um ein riskantes Geschäft, das durch entsprechend hohe Zinsen kompensiert wird.“
Auch der frühere Bankberater der Unternehmerin sagte: „Ohne Risiko gibt es keinen hohen Ertrag. Ich gehe davon aus, dass ein Kaufmann Risiko einschätzen kann.“Doch die Geschäftsfrau hatte es offensichtlich nicht für notwendig gehalten, den Vertrag noch einmal mit einem Juristen unter die Lupe zu nehmen, bevor sie ihn unterschrieb.
Aus Sicht von Staatsanwalt Thomas Hörmann konnte man dem Angeklagten letztlich nicht nachweisen, dass er die Frau täuschen wollte. Richter Thomas Mayer und die zwei Schöffen folgten dieser Argumentation – und sprachen den Mann schließlich frei.