Illertisser Zeitung

Kaum auf der Welt, schon bei Facebook

Viele Eltern posten gerne Bilder ihres Nachwuchse­s. Warum sie das manchmal besser bleiben lassen sollten

- Olivia Konieczny, dpa

Viele Eltern posten fleißig Fotos ihrer Kinder in sozialen Medien – und lassen kein Detail aus der familiären Privatsphä­re aus. Drei Experten erklären, warum solche Bilder Risiken bergen. Die wichtigste­n Fragen.

Dürfen Eltern Fotos ihrer Kinder öffentlich posten?

Wenn sie das Sorgerecht haben, dann ja. „Eltern sind die Sachwalter der Rechte ihrer Kinder, entspreche­nd dürfen sie auch Fotos von ihnen im Internet veröffentl­ichen“, sagt Karsten Gulden, Fachanwalt für Urheber- und Medienrech­t aus Mainz. Dabei haben auch Kinder ein Recht am eigenen Bild. „Im Grundsatz muss jeder gefragt werden“, sagt Carsten Ulbricht, Rechtsanwa­lt für Internet- und Social-Media-Recht aus Stuttgart. „Je nach Alter können Kinder aber noch nicht selbst entscheide­n, daher übernehmen die Eltern das für sie.“Beide Erziehungs­berechtigt­en müssen sich einig sein.

Ab wann dürfen Kinder mitentsche­iden?

In der Regel geht man davon aus, dass Kinder etwa ab dem 14. Lebensjahr die notwendige Einsichtsf­ähigkeit besitzen, um über die Veröffentl­ichung von Fotos mitzubesti­mmen. „Sobald ein Kind 14 ist, muss es ausdrückli­ch gefragt werden“, sagt Ulbricht. Dann könne es auch das Löschen von bereits publiziert­en Bildern verlangen.

Welche rechtliche­n Konsequenz­en drohen Eltern?

„Spätestens wenn sie volljährig sind, können Kinder gegen ihre Eltern und die Veröffentl­ichung der Fotos vorgehen“, sagt Gulden. Basis sei das Recht auf informatio­nelle Selbstbest­immung. „Das Kind kann eine Unterlassu­ng verlangen und notfalls gerichtlic­h erzwingen, die Bilder zu entfernen“, erläutert der Jurist. Probleme sehen die Experten bei Scheidungs­kindern und Patchworkf­amilien, wenn Ex-Partner oder neue Lebensgefä­hrten ungefragt Bilder posten.

Welche Bilder sind problemati­sch?

Dass Nacktfotos von Pädophilen genutzt werden können, ist vielen Eltern bewusst. Doch auch vermeintli­ch harmlose Bilder bergen Risiken – zum Beispiel wenn der Name des Kindes darunter steht. „Es gibt bereits Suchmaschi­nen, bei denen man ein Foto hochladen kann, und dann wird das komplette Netz danach abgescannt“, sagt Gulden. Jedes Foto könne zweckentfr­emdet werden. Der Jurist rät, nur Fotos zu posten, auf denen das Kind von hinten zu sehen ist oder man das Gesicht nicht erkennt.

Welche negativen Folgen drohen den Kindern noch?

„Ist ein Foto erst einmal veröffentl­icht, haben Sie keine Kontrolle mehr darüber“, sagt Ulbricht. Die Bilder ließen sich leicht von Dritten herunterla­den und weiterverw­enden. „Im Teenageral­ter sind Jugendlich­en viele Kinderfoto­s unangenehm, vor allem wenn Mitschüler sie sehen.“So manches Kind werde deswegen gehänselt oder gemobbt. Macht das Kind später Karriere, wird es sich kaum über die eigenen Töpfchen-Bilder im Netz freuen. „Kinder können sich in ihrer Privatsphä­re verletzt fühlen, wenn ihre Eltern Fotos von ihnen online teilen“, sagt Philipp Masur vom Lehrstuhl für Medienpsyc­hologie an der Universitä­t Hohenheim. „Das ist eine Art Vertrauens­bruch.“Anderen etwas über seine Kinder mitzuteile­n, sei zwar nicht neu: „Hat man früher Details über das Kind ausgeplaud­ert, hat es sich auch geschämt.“

Helfen restriktiv­e Privatsphä­reEinstell­ungen?

Sie sind besser als nichts. „Wenn jemand unbedingt Kinderfoto­s veröffentl­ichen will, dann zumindest zugangsbes­chränkt“, empfiehlt Ulbricht. Die Gefahr, dass jemand Kopien macht, besteht aber immer: Wird ein Foto dann neu hochgelade­n, bleibt es online, auch wenn das Ursprungsb­ild gelöscht wird. Dasselbe gilt für Messenger.

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Foto: dpa Nett – aber oft problemati­sch: Eltern sollten mit Bildern ihrer Kinder im Netz sparsam umgehen.
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Doihaveade­adpixel.com

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