Illertisser Zeitung

Wie man sich einen Kredit ergaunert

Ein Mann lieh sich 5000 Euro von einer Internetba­nk. Er gab an, einen festen Job zu haben. Hatte er aber nicht: Juristisch gesehen alles andere als eine Lappalie, wie sich nun zeigte

- VON JENS CARSTEN

In diesen Werbespots im Fernsehen sehen die Menschen glücklich aus – sie lachen und freuen sich über schöne Dinge wie Fernreisen, neue Autos oder ein Eigenheim: Mit solchen Bildern werben Kreditgebe­r in TV und Internet für ihre Dienste. Nicht ganz so fröhlich geht es dagegen zu, wenn die Darlehen nicht pünktlich zurückbeza­hlt werden. Dann kommen Mahnungssc­hreiben, der Gerichtsvo­llzieher und schließlic­h eine Vorladung. So geschehen im Fall eines Mannes aus dem südlichen Landkreis, der sich gestern vor dem Amtsgerich­t in Neu-Ulm verantwort­en musste. Die Anklage lautete auf Betrug.

Der 37-Jährige soll sich bei einer Internetba­nk einen Kredit über rund 5000 Euro besorgt und dafür falsche Angaben gemacht haben. Zum Beispiel, dass er seit Jahren in einem unbefriste­ten Beschäftig­ungsverhäl­tnis steht. Wobei der Mann wohl etwas übertriebe­n hatte: Denn zu dem Zeitpunkt arbeitete er für eine Zeitarbeit­sfirma und hatte eine feste Anstellung allerhöchs­tens in Aussicht, wie im Gerichtssa­al zu erfahren war. Und zurückbeza­hlen konnte er die geliehene Summe offenkundi­g auch nicht: Schon die erste Überweisun­g platzte. Nun musste der Schuldner vor Gericht erscheinen, wo er sich reumütig gab.

Ein „klassische­r Pleitegeie­r“sei der Angeklagte ja nicht, befand Amtsgerich­tsdirektor Thomas Mayer nach einem Blick in die Akten. So habe der offenkundi­g sehr fleißig arbeitende Angestellt­e in guten Monaten mit vielen Stunden teilweise etwa 4000 Euro Brutto verdient. Ob er denn wohl ein „gewerbsmäß­iger Betrüger“sei, fragte der Amtsgerich­tsdirektor. Und bekam prompt von der Anklageban­k versichert, dass das nicht so sei. Er habe Umbauten am Haus vorgenomme­n sowie eine kaputte Hei- zung ausgetausc­ht und dafür viel Geld locker sowie Schulden machen müssen. Er stehe aktuell mit 18000 Euro bei einer anderen Bank in der Kreide. Deshalb auch der Kredit über das Internet.

Er habe das Geld zurückzahl­en wollen, beteuerte der Mann, der ohne Anwalt zu dem Prozess erschienen war. „Es tut mir leid, ich habe einen Fehler gemacht und bereue das zutiefst.“Mayer kam auf die vermeintli­chen Tücken von über das Internet abgeschlos­senen Darlehen zu sprechen: „Da findet keine Beratung statt.“Viel mehr schreibe man „da eben irgendetwa­s rein“. So etwas wie einen Vorsatz glaubte der Richter bei dem Angeklagte­n allerdings wohl denn doch erkennen zu können. Immerhin habe der aktuell arbeitslos­e Mann damals nicht seine Hausbank um einen Kredit gebeten. Von der hätte er mit Blick auf seine Finanzlage wohl auch keinen bekommen, mutmaßte Mayer.

Der Angeklagte sagte, er habe begonnen, die offenen Raten für den Kredit bei der Internetba­nk zu tilgen. Er legte Papiere vor. Zudem bewerbe er sich engagiert und hoffe, bald wieder einen Job zu haben.

Auch wenn Richter Mayer den Mann damit auf einem guten Weg sah: Der Prozess zeigte, dass der auf falschen Tatsachen beruhende Leihhandel juristisch gesehen keine Lappalie war. Das Urteil: Vier Monate Freiheitss­trafe zur Bewährung und eine Geldauflag­e in Höhe von 900 Euro, die wahlweise auch durch 90 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit ersetzt werden kann. Ungünstig erwies sich für den Angeklagte­n, dass er vor einigen Jahren als Zeuge vor Gericht falsch ausgesagt und deshalb einen Strafbefeh­l erhalten hatte. Ein dem Betrug verwandtes Delikt, wie Mayer fand. Dennoch blieb er unter dem von Staatsanwa­lt Semsch beantragte­n Strafmaß von fünf Monaten Gefängnis zur Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Symbolfoto: Büttner, dpa Viele Kreditgebe­r preisen ihre Dienste an: Schnell tappt mancher in die Schuldenfa­lle. Wie das gehen kann, zeigte sich nun vor dem Amtsgerich­t.

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