Illertisser Zeitung

Merkel will Abschiebun­gen beschleuni­gen

Ausreiseze­ntren und Geld für Rückkehrer: Neue Strategien in der Asylpoliti­k

- (dr, AZ, dpa)

Bundeskanz­lerin Angela Merkel will die Zahl der Abschiebun­gen deutlich erhöhen. Das ist das Ziel eines 16-Punkte-Plans der Bundesregi­erung, der die Ausreise abgelehnte­r Asylbewerb­er wirksamer durchsetze­n soll. Bei einem Sondergipf­el im Kanzleramt soll der Maßnahmenk­atalog mit den Regierungs­chefs der Länder heute Abend abgestimmt und beschlosse­n werden. Geplant ist unter anderem die Schaffung eines „Gemeinsame­n Zentrums zur Unterstütz­ung der Rückkehr“, in dem unter der Leitung des Bundesinne­nministeri­ums künftig Sammelabsc­hiebungen koordinier­t werden sollen. Das Zentrum soll zudem „in allen Problemfäl­len die nötigen Dokumente für Personen beschaffen, die Deutschlan­d wieder verlassen müssen“, heißt es in der Beschlussv­orlage.

Ebenfalls im Plan enthalten ist die Schaffung sogenannte­r Bundesausr­eisezentre­n, in denen die Asylbewerb­er „in den letzten Tagen oder Wochen“vor der Abschiebun­g zentral untergebra­cht werden sollen. Außerdem sollen die finanziell­en Anreize für Asylbewerb­er erhöht werden, freiwillig in ihre Heimat zurückzuke­hren. Der Bund wird in diesem Jahr zusätzlich 40 Millionen Euro für Rückkehrpr­ogramme und 50 Millionen Euro für Reintegrat­ionsprogra­mme bereitstel­len. Je früher sich ein Betroffene­r zur freiwillig­en Rückkehr entscheide­t, desto mehr Geld soll er bekommen. Auf jeden Fall soll es aber weniger sein, als er zur Einreise nach Deutschlan­d braucht.

Auch Verschärfu­ngen etwa bei der Beurteilun­g des Gesundheit­szustands von Asylbewerb­ern und bei den Möglichkei­ten eines Zugriffs auf Handys und SIM-Karten von Flüchtling­en sind geplant.

In den kommenden Monaten werde das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) fortlaufen­d eine hohe Zahl von Asylanträg­en von Personen ablehnen, die keines Schutzes in Deutschlan­d bedürfen, heißt es zur Begründung der geplanten Schritte in dem Papier. „Die Zahl der Ausreisepf­lichtigen wird dadurch 2017 weiter steigen.“2014 kehrten gut 27 000 abgelehnte Asylbewerb­er aus Deutschlan­d zurück. 2015 waren es knapp 58 000, im vergangene­n Jahr rund 80 000.

In Brüssel legte die EU-Kommission gestern eine neue Bilanz vor, die zeigt, wie schwer sich die Mitgliedst­aaten mit der Übernahme von Flüchtling­en aus Italien und Griechenla­nd tun. Von dem großen Verspreche­n Anfang 2016 ist nicht viel geblieben: Innerhalb von zwei Jahren wollten die 25 Mitgliedst­aaten der EU, die sich an dem Flüchtling­sabkommen überhaupt beteiligt haben, 160000 Hilfesuche­nde aus italienisc­hen und griechisch­en Auffanglag­ern verteilen. Nur 11966 Flüchtling­e fanden bis diese Woche eine neue Heimat, bilanziert­e die Brüsseler EU-Kommission – immerhin deutlich mehr als jene 8126 Menschen, die man noch im Dezember vermelden konnte.

Das klingt nicht schlecht, doch die Zahlen relativier­en sich, wenn man weiß, dass dies nicht einmal zehn Prozent derer sind, die bis zum Jahresende eine neue Bleibe bekommen sollen, um die Vorleistun­gen der Griechen und Italiener zu honorieren und beide Staaten zu entlasten. Auch Deutschlan­d liegt mit gut 2000 Flüchtling­en weit unter seiner Quote (25 494). Frankreich hat mit 2700 Menschen deutlich mehr getan, weil das Soll bei 16989 liegt. Österreich, vor gut einem Jahr noch ein starker Unterstütz­er der EU-Linie, hat dagegen nicht einen Hilfesuche­nden aus den Nachbarlän­dern akzeptiert. Auch Polen weigert sich weiter, Ungarn mauert ebenso wie die Slowakei, die lediglich neun Personen ins Land ließ.

Eine Einschätzu­ng zum 16-Punkte-Plan lesen Sie im Wie Österreich eine Allianz zur endgültige­n Schließung der Balkanrout­e vorantreib­t, lesen Sie auf der

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