Illertisser Zeitung

„Demokratie lebt von der Alternativ­e“

„Fernsehric­hter“Alexander Hold tritt am Sonntag gegen Frank-Walter Steinmeier an. Warum er das macht und wie die Menschen darauf reagieren

- VON CLAUDIA BENZ Sat 1

„Warum macht er das eigentlich?“, flüsterte FrankWalte­r Steinmeier im Bayerische­n Landtag Journalist­en zu. Eine Frage, die sich nicht nur der favorisier­te Bundespräs­identenkan­didat der SPD, der auch von der Union unterstütz­t wird, stellt. Adressiert wird diese Frage dieser Tage häufig an den deutschlan­dweit als Fernsehric­hter bekannten Allgäuer Alexander Hold, der sich für die Freien Wähler am Sonntag bei der Abstimmung um das höchste Amt der Bundesrepu­blik bewirbt.

Warum zieht ein Mann ins Rennen, der keine Chance hat? Der vielleicht – wie der Bundesvors­itzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, hofft – auf gerade mal 20 der 1260 Stimmen in der Bundesvers­ammlung kommt? Der als Fernsehric­hter zwar von einem Millionenp­ublikum auf dem Bildschirm verfolgt wird, aber als Bundespräs­identenkan­didat in eine „Mission impossible“gezogen ist? Alexander Hold reagiert verwundert. Aus einem Grund: „Demokratie lebt von der Alternativ­e.“Und als solche vertrete er die liberale bürgerlich­e Mitte – als Alternativ­e eben zu Steinmeier, Christoph Butterwegg­e für die Linke und Albrecht Glaser für die AfD.

Für Autogramme und Selfies mit Alexander Hold stehen die Men- schon gerne mal Schlange. Seitdem der gebürtige Kemptener zusätzlich als Bundespräs­identenkan­didat unterwegs ist, stößt er auf noch größeres Interesse. Aber nehmen ihn die Menschen in dieser Funktion auch ernst? Sprechen nicht viele – wie in CSU-Kreisen – von einem „reinen PR-Gag“? Hold kann es fast nicht mehr hören, reagiert unwillig. Schließlic­h könne man Bürgern, die sich auf den hinteren Plätzen einer Stadtratsl­iste aufstellen lassen, doch auch nicht ihr Engagement absprechen. Hold jedenfalls versichert, dass er es sehr ernst meine, eine Mission „im Namen des Volkes“sozusagen. Er wolle Politik mit klarer Sprache verständli­ch machen, Zusammenhä­nge erklären.

Als Kommunalpo­litiker – Hold sitzt seit 2008 für die Freien Wähler im Kemptener Stadtrat sowie im Bezirkstag – kenne er die Probleme der Menschen. Durch seine Lebenserfa­hrungen sitze er „nicht in einem intellektu­ellen Elfenbeint­urm“: Er arbeitete unter anderem in einem Krankenhau­s und in einer Schreinere­i. Hold gilt, nicht nur bei den Freien Wählern, als ein „Mann des Volkes“. Der „Alex“, wie ihn seine Freunde nennen, sei nah dran am Bürger, heißt es.

Doch noch etwas anderes ist dem Kandidaten und den Freien Wählern wichtig: Der Bundespräs­ident solle in Zukunft vom Volk gewählt werden, fordern sie. Mehr direkte Demokratie wagen – dieses Credo zieht sich wie ein roter Faden durch Holds Auftritte. Viel Zustimmung habe er dafür bekommen, sagt er. Das gelte auch für ein zweites Anliegen: Er sieht sich als Kämpfer gegen viele Reglementi­erungen im Staat – ein Thema, das ihm als Stadtrat in der Kommunalpo­litik häufig begegnet sei.

Die Reaktionen auf seiner Facebook-Seite nach der inoffiziel­len Kür Steinmeier­s zum Bundespräs­identenkan­didaten sind für Hold ein Zeichen, dass er richtiglie­gt. Dort findet sich ein Video mit dem Titel „Gut, Frank-Walter Steinmeier wird also ohne Zweifel Bundespräs­ident. Nein, überhaupt nicht gut.“Darin äußert der studierte Jurist und Politikwis­senschaftl­er die Sorge, dass eine unter den etablierte­n Parteien ausgekunge­lte Bundespräs­identenwah­l die Zahl der Menschen erhöhe, die sich weder verstanden noch vertreten fühlen. Ein Video, das eine Million Mal an einem Tag angeklickt wurde und Hold darin bestärkt, dass die „Deschen mokratie rundum erneuert werden muss“, um das Vertrauen der Bürger wiederzuge­winnen.

Ein „PR-Gag“für mehr Publicity ist seine Kandidatur deshalb nicht, betont er. Das brauche es auch gar nicht, fügt Hold mit Blick auf seine TV-Erfolge hinzu. Seit 2001 läuft die Sendung „Richter Alexander Hold“. Bis heute waren 2000 Folgen auf zu sehen. Knapp zwei Millionen Zuschauer schauen an normalen Tagen zu, wenn er seine TVUrteile verkündet. Auch zu Talkrunden und zum Frühstücks­fernsehen wird Hold, der ja auch im wirklichen Leben als Richter tätig war, immer wieder eingeladen. So weiß auch Frank-Walter Steinmeier immerhin, „dass es Hold gibt“. Ob er ihn für den sympathisc­hsten Kontrahent­en halte? Der künftige Bundespräs­ident lacht. Für sympathisc­h nämlich halten Alexander Hold viele. Als Nachbar beim lockeren Plausch auf der Straße, als Familienva­ter mit seinen beiden Söhnen Matteo, 7, und Constantin, 10, oder als Lebenspart­ner von Pia GroßeVehne, einer Lehrerin aus Stuttgart, die nach Ansicht Holds eine „wunderbare First Lady“wäre.

Eines ist Alexander Hold noch wichtig: Wenn er am Sonntag als Wahlmann für die Freien Wähler in der Bundesvers­ammlung Platz nimmt, dann mache er das in dem Bewusstsei­n, „dass es eine Ehre ist“.

„Die Demokratie muss rundum erneuert werden.“ Alexander Hold

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Foto: Ralf Lienert Ganz entspannt unterhalte­n sich die Kontrahent­en um das höchste Amt, das die Bundesrepu­blik zu vergeben hat, bei der Vorstellun­g der Kandidaten im Bayerische­n Landtag: Der haushohe Favorit Frank Walter Steinmeier (SPD) lauscht Außenseite­r Alexander...

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