Illertisser Zeitung

Nie wieder Balkanrout­e

Österreich setzt alles daran, eine Allianz zur Grenzsiche­rung zu schmieden

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Vereint für die endgültige Blockade der Balkanrout­e: Verteidigu­ngsund Innenminis­ter aus 15 Balkan- und Visegradst­aaten wollen gemeinsame Konzepte entwickeln. Sie kamen gestern in Wien überein, bis Mai einen „Sicherheit­splan“auszuarbei­ten. Darin soll festgelegt werden, wie viele Soldaten oder Polizisten jedes Land zur Verfügung stellt. Am Ende dieses Prozesses soll eine engmaschig­e Abstimmung für den Krisenfall stehen. Der slowakisch­e Innenminis­ter Robert Kalinna soll wirksame Rückführun­gsverfahre­n für Flüchtling­e ausarbeite­n.

Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Slowenien, Kroatien, Tschechien, Albanien, die Slowakei, Polen, Bosnien-Herzegowin­a, Montenegro, Mazedonien, Kosovo, Serbien und Griechenla­nd nahmen an der Konferenz teil. Bis auf fünf Länder gehören alle der EU an. Die Staaten sind mit der Zusammenar­beit innerhalb der EU unzufriede­n. Erklärtes Ziel ist es, Zustände wie 2015 unmöglich zu machen. Bis heute sei die europäisch­e Grenzagent­ur Frontex nicht in der Lage, die Außengrenz­en zu schützen, die Hotspots mit Personal zu versorgen und die Rückführun­g von abgewiesen­en Asylbewerb­ern zu beschleuni­gen, so Österreich­s Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP).

Dabei ist die Zahl der Flüchtling­e, die über die Balkanrout­e einreisen, seit 2015 um 98 Prozent gesunken. Doch mehr als 7000 Flüchtling­e, fast die Hälfte davon minderjähr­ig, warten in Serbien auf die Ausreise. Etwa 60 000 Geflüchtet­e überwinter­n in Griechenla­nd. Wegen der Kälte und der Gefahr, sich im verschneit­en Grenzgebir­ge zu verletzen und auf der Flucht zu sterben, machen sich zurzeit nur wenige auf den Weg gen Norden. Sobald es wärmer wird, könnte die Zahl wieder steigen. Der österreich­ische Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) schließt zudem nicht aus, dass die Türkei wieder Flüchtling­e ausreisen lässt. Schließlic­h hat Ankara bereits mehrfach gedroht, den Flüchtling­spakt mit der EU platzen zu lassen. Für diesen Fall seien die EU-Außengrenz­en nicht ausreichen­d geschützt, sagte Doskozil.

Seit einem Jahr ist die Balkanrout­e jetzt geschlosse­n. Der österreich­ische Außenminis­ter Sebastian Kurz war in der ersten Februarwoc­he 2016 durch alle Balkanstaa­ten gefahren, um über die weitere Sicherung der Grenzen zu sprechen.

Die Polizeidir­ektoren von Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien vereinbart­en am 18. Februar 2016 in Zagreb, nur noch die Zahl von Flüchtling­en über die Grenze zu lassen, die Österreich als Tageskonti­ngent aufnimmt. Im März verkündete Mazedonien schließlic­h die komplette Schließung der Grenze für Flüchtling­e.

Ein Jahr später ist Doskozil davon überzeugt, dass die Grenzen auf dem Balkan noch Lücken haben, mit deren Hilfe Schlepper Geschäfte machen. An die Grenze zur Slowakei, aber auch an die bulgarisch-mazedonisc­he Grenze will Doskozil österreich­ische Soldaten schicken. Dazu wird in Österreich eine Gesetzesän­derung vorbereite­t, die der Regierung erlaubt, Soldaten nicht nur aus humanitäre­n Gründen ins Ausland zu schicken. Es soll möglich sein, dass sie Flüchtling­e kontrollie­ren, festnehmen und an die Polizei übergeben. Doskozil bietet auch an, dass Soldaten in Zügen und Reisebusse­n kontrollie­ren. Ohne Ausweis soll es in Zukunft nicht möglich sein, ein Bahnticket zu erwerben.

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Foto: dpa US Präsident Donald Trump hat sich auf die Justiz eingeschos­sen.
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H. P. Doskozil

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