Illertisser Zeitung

Was steckt hinter den Briefen mit dubiosem Pulver?

Im Januar bekamen mehr als 25 Justizbehö­rden verdächtig­e Umschläge. Was darin war, stellt Ermittler vor Rätsel

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Stundenlan­g gesperrte Gerichte, Feuerwehrl­eute in Schutzanzü­gen, Speziallab­ore im Dauereinsa­tz: Eine Serie von Briefsendu­ngen mit dubiosem Pulver hat im Januar deutsche Justizbehö­rden in Aufregung versetzt. Über mehrere Tage verteilt gingen 25 verdächtig­e Briefe ein – beim Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe ebenso wie bei der Justiz in Neubranden­burg. Allein im kleinen Mecklenbur­g-Vorpommern waren es fünf. „Weitere zwölf Briefsendu­ngen mit Pulver wurden auf dem Postweg angehalten“, sagt Christian Pfab von der Staatsanwa­ltschaft im bayerische­n Coburg. Dort ist ein bundesweit­es Sammelverf­ahren gegen unbekannt eingeleite­t worden. Die Pulver erwiesen sich nach Laborprüfu­ngen in allen Fällen als harmlos – bislang wurden in Deutschlan­d noch nie biologisch­e Substanzen in solchen Briefen nachgewies­en.

Der Prüfaufwan­d ist aber erheblich: Um biologisch­e Erreger auszuschli­eßen, untersuche­n Wissenscha­ftler Pulverprob­en zunächst unter dem Elektronen­mikroskop. „Dem schließen sich molekularb­iologische Untersuchu­ngen an“, sagt Julia Sasse vom Robert Koch-Institut Berlin. Mit den Tests werde nach etwa zehn biologisch­en Substanzen gefahndet. Welche das sind, will sie nicht sagen. „Die ersten Ergebnisse liegen nach wenigen Stunden vor.“

Seit 2001 in den USA fünf Menschen starben, nachdem sie Briefe mit Milzbrands­poren bekommen hatten, denken viele bei weißem Pulver in einem Kuvert sofort an biologisch­e Erreger. Doch Sasse zufolge müssen dubiose Briefinhal­te auch auf Radioaktiv­ität, flüchtige chemische Substanzen und Sprengstof­f untersucht werden. Das erledigen in der Regel die Einsatzkrä­fte vor Ort.

Am 11. Januar rieselte Mitarbeite­rn in mehreren Bundesländ­ern verdächtig­es Pulver entgegen, als sie Briefe öffneten. Was sind das für Leute, die solche Briefe verschicke­n? Kriminalps­ychologe Jens Hoffmann sieht eine Motivation in der Freude mancher Menschen daran, für Unruhe und Angst zu sorgen. „Wenn ein Gebäude geräumt wird, kann sich ein Täter einreden: „Ich bin wirkungsmä­chtig“.“Das steigere das Selbstwert­gefühl. Auch Wut auf Behörden könne eine Rolle spielen.

Die Welle vom Januar gehört zu den größeren Vorkommnis­sen dieser Art in den vergangene­n Jahren. Ermittelt wird meist wegen Verdachts der Störung des öffentlich­en Friedens durch Androhung von Straftaten.(dpa)

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Foto: dpa Auch im Magdeburge­r Justizzent­rum kam ein dubioser Brief an.
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