Illertisser Zeitung

Allein gegen die Chemie Industrie

16 Jahre lang büffelt ein chinesisch­er Bauer Jura. Dann geht er vor Gericht und gewinnt

- (dpa)

Wang Enlin hat überhaupt nur drei Jahre eine Schule besucht. Dann arbeitete der Chinese als Bauer, bis Abwasser des Chemiekonz­erns Qihua seine Felder und die seiner Nachbarn überflutet­e. Seitdem wächst auf den Äckern nichts mehr.

Enlin ging zu den Behörden und klagte über die staatliche QihuaGrupp­e. Von dort bekam er zu hören, er müsse erst Beweise für den Umweltfrev­el anführen. Enlin war sich sicher, im Recht zu sein, wusste aber nicht, welche Gesetze gebrochen worden waren. Also fing er 2001 an, Gesetzeste­xte zu studieren.

Weil er sich die Bücher nicht leisten konnte, setzte er sich in eine Buchhandlu­ng und schrieb wichtige Passagen ab. Dem Buchhändle­r brachte er als Gegenleist­ung Mais mit. Vor zehn Jahren bekamen er und seine Nachbarn kostenlose Rechtshilf­e von einer Anwaltskan­zlei, die sich auf Umweltfäll­e spezialisi­ert hat. Das Gericht griff ihren Fall vor zwei Jahren auf. Und Enlin hatte Erfolg: Im November entschied ein Gericht, dass die QihuaGrupp­e 820 000 Yuan Schadeners­atz – umgerechne­t 110000 Euro – zahlen muss. In den nächsten acht bis zehn Tagen wird ein weiteres Ge- richt über eine Berufung der staatliche­n Qihua-Gruppe entscheide­n. Wang Enlin ist zuversicht­lich: „Ich bin sicher, dass wir wieder gewinnen werden. Die harten Fakten sprechen für uns.“

Der hartnäckig­e Bauer bekam viel Lob. Denn Klagen gegen große Konzerne, die häufig nicht nur wichtige Steuerzahl­er und Arbeitgebe­r sind, sondern in China auch mit lokalen Stellen kungeln, hatten bisher selten Erfolg. So bescheiden der Schadeners­atz ausgefalle­n ist, er hat Symbolchar­akter. Vor allem auch, weil der Chemieries­e in den vergangene­n zehn Jahren neben dem Dorf noch eine fünf Meter hohe Halde mit Chemieabfä­llen aufgetürmt hat. „Ich werde weiter klagen“, sagt Bauer Enlin. Vier weitere Fälle seien noch anhängig.

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