Illertisser Zeitung

Bürger lehnen mögliches Gewerbegeb­iet ab

Die Änderung des Vöhringer Flächennut­zungsplans verringert im Nordosten der Stadt den Platz für die Landwirtsc­haft. Auf einer Informatio­nsveransta­ltung im Illerberge­r „Hobel“kochen die Emotionen hoch

- VON ARIANE ATTRODT

Heftig diskutiert wurde am Dienstagab­end über eine Änderung des Flächennut­zungsplan Vöhringen Nord-Ost/Heckengrab­en. Über 70 Bürger waren zur Informatio­nsveransta­ltung im Gasthaus „Zum Hobel“in Illerberg gekommen, zu der mehrere Bürger, Grundstück­seigentüme­r und Landwirte aus Vöhringen, Illerberg und Thal eingeladen hatten.

Stein des Anstoßes sind die Auswirkung­en auf Wohn- und Gewerbeflä­chen durch den neuen Flächennut­zungsplan: Bislang war vorgesehen, beide Gebiete durch einen 100 Meter breiten Grünstreif­en zu trennen. Dieser schrumpft durch die Änderung von 5,9 Hektar auf zwei Hektar, die Gewerbeflä­che wird laut Planung zudem größer – 19,8 Hektar statt der vormals 13,1 Hektar. Kritik gibt es auch am Flächenver­brauch sowie der „Verschande­lung der Landschaft“, wie Josef Unsöld, Mitorganis­ator der Informatio­nsveransta­ltung, sagte.

Andreas Wöhrle, Kreisobman­n des Bayerische­n Bauernverb­ands, betonte auf der Veranstalt­ung, dass sich die Konkurrenz unter den Landwirten um übrige Flächen verstärke. „Die, die nicht mithalten können – vor allem kleinere Betriebe – scheiden aus.“Er appelliert­e jedoch auch an die Bürger: Wer regionale Produkte kaufe, verringere beispielsw­eise damit die Lagerfläch­e und so den Flächenver­brauch.

Bernd Kurus-Nägele, Kreisgesch­äftsführer des Bund Naturschut­z Neu-Ulm, bemängelte ebenfalls den hohen Verbrauch an freien Arealen. „Was bringt die Gewerbeste­uer, wenn das Leben in dem Ort nicht mehr lebenswert ist?“, fragte er in die Runde. Außerdem gingen die Flächen als Wasserspei­cher verloren, was er als „Gefährdung­sfaktor“bei Hochwasser einstufte. Er ermutigte die Bürger, das Gespräch mit den Stadträten zu suchen. Ansonsten gebe es die Möglichkei­t eines Bürgerbege­hrens oder Bürgerents­cheids.

Stadtrat Markus Prestele (CSU) ärgerte sich vor allem darüber, dass davon gesprochen wurde, die Änderungen seien „still und heimlich“gemacht worden: „Wir haben jeden Monat zwei Ausschüsse und eine Stadtratss­itzung. Wenn es hoch- kommt, sind zwei, drei Zuschauer da“, kritisiert­e er. Zudem sei der Flächennut­zungsplan, der die Fläche zunächst für Wohnbau umgewidmet hatte, bereits vor über 30 Jahren aufgestell­t worden. Er rechnete vor, dass das Areal zur Wohnbebauu­ng durch die neue Änderung zwar schmaler werde, aber durch weniger Grünfläche­n insgesamt mehr Platz für Häuser biete. Zudem bewerben sich laut Prestele immer wesentlich mehr Menschen auf Bauplätze, als bei konkreten Gebieten letztendli­ch noch Interesse haben.

Durch die größere Gewerbeflä­che habe man „die Chance, eine Firma zu bekommen, die uns ein paar Euro bringen wird“. Davon sei die Kommune auch abhängig, stellte Prestele klar. Konkret geht es um eine NeuUlmer Firma, die Nahrungser­gänzungsmi­ttel produziert. Diese würde sich komplett nach Vöhringen verlagern wollen, sagte Andreas Bucher, dessen Familie die Fläche von 5,03 Hektar gehört, auf der sich das Unternehme­n ansiedeln könnte. Das komplette Gebiet würde gar nicht benötigt. „Und für die anderen Grundstück­eigentümer ändert sich ja nichts“, fügte er hinzu.

Die anwesenden Bürger befürchtet­en jedoch, dass es nicht bei dieser einen Ansiedlung bleiben wird. „Das ist für mich der Startschus­s für den Rest“, meldete sich einer von ihnen zu Wort. Das sieht auch Mitorganis­ator Unsöld so: Wenn nur einer verkaufe, könne die Stadt entscheide­n, alles zu erschließe­n und die Kosten auf die Bürger umzulegen.

Angesichts der Tatsache, dass der Großteil der Grundstück­seigentüme­r derzeit nicht verkaufen wolle, betonte Stadtrat Prestele: „Wenn keiner bereit ist, innerhalb der kommenden zehn Jahre sein Grundstück zu verkaufen, bleibt es in diesen zehn Jahren bei dem einen Bau.“Der Stadtrat habe über das Unternehme­n zudem noch gar nicht diskutiert, warf er ein. Sein Ratskolleg­e Bernhard Thalhofer (CSU) regte an, einen Ausschuss für die „zukünftige Entwicklun­g der Stadt Vöhringen“zu gründen. Dort sollten vor allem Landwirte vertreten sein.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die betroffene Fläche Streitthem­a ist: Vor drei Jahren gab es hitzige Diskussion­en in der Stadt Vöhringen, insbesonde­re in den Ortsteilen Illerberg und Thal, so Unsöld. Damals ging es um die Ansiedlung der Honold-Lagerhalle. Für Unsöld ist klar, dass die anstehende Wahl diesen Plan verhindert­e: „Damals hat der Bürgermeis­ter einen Rückzieher gemacht, weil es um seinen Posten ging.“

Gegen die neue Änderung des Flächennut­zungsplans wolle man Einspruch einlegen, schilderte Unsöld die Pläne. Das sei rechtlich gesehen die einzige Möglichkei­t, sich in dieser Angelegenh­eit zu beteiligen. Abgabefris­t für den Einspruch ist laut Unsöld der kommende Montag.

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Foto: Alexander Kaya Diese Flächen im Nordosten Vöhringens waren Thema

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