Illertisser Zeitung

Verwirrung um die Pkw Maut

Es bestehen Zweifel, wie hoch die Einnahmen durch die umstritten­e Straßengeb­ühr tatsächlic­h sind. Zwei gegensätzl­iche Gutachten haben die Diskussion nun nochmals befeuert

- VON JÖRG SIGMUND (mit dpa)

Zweifel an den versproche­nen Einnahmen haben den Streit über die Pkw-Maut neu entfacht. Für Verwirrung sorgen zwei gegensätzl­iche Gutachten, die der ADAC und das Bundesverk­ehrsminist­erium in Auftrag gegeben hatten. Während die ADAC-Studie von einem Verlustges­chäft ausgeht, kommt eine Untersuchu­ng der Zeppelin-Universitä­t Friedrichs­hafen zu einem völlig anderen Ergebnis. Demnach könnten die Maut-Einnahmen sogar höher ausfallen, als vom Ministeriu­m prognostiz­iert.

Minister Alexander Dobrindt (CSU) geht bisher von jährlichen Einnahmen in Höhe von rund vier Milliarden Euro aus. 524 Millionen Euro kommen nach Abzug der Betriebsko­sten (210 Millionen) und der Umwelt-Entlastung für abgasarme Autos (100 Millionen) von Fahrzeugen, die im Ausland zugelassen sind. 3,14 Milliarden Euro fließen von inländisch­en Pkw-Haltern in die Staatskass­e. Ihnen wird das Geld über die Kfz-Steuer zurückerst­attet.

Das neue Gutachten der Zeppelin-Universitä­t für das Bundesverk­ehrsminist­erium erwartet nun sogar Einnahmen von bis zu 655 Millionen Euro, die für Straßeninv­estitionen übrig bleiben. Ganz anders die Rechnung des ADAC: In der Studie des Autofahrer­klubs heißt es, angesichts der Systemkost­en entstehe bereits im laufenden Betrieb ein Defizit von 71 Millionen Euro im angestrebt­en Maut-Startjahr 2019. Das Minus könnte bis 2023 sogar auf 251 Millionen Euro steigen.

Die Verwirrung ist damit perfekt und Verkehrsmi­nister Dobrindt erbost. Mit seiner „Anti-Maut-Polemik“vertrete der ADAC nicht die Interessen der Autofahrer in Deutschlan­d, sagte der CSU-Politiker unserer Zeitung. Die Maut sorge erstmals für Gerechtigk­eit auf deutschen Straßen. „Jeder, der unsere Straßen nutzt, wird künftig einen angemessen­en Beitrag zum Erhalt leisten.“Für Halter besonders umweltfreu­ndlicher Autos bringe die Maut sogar eine finanziell­e Entlastung.

Der Koalitions­partner SPD verlangt nun Klarheit über den wirklichen Ertrag. „Die CSU-Maut darf nicht zum Selbstzwec­k werden“, sagte der SPD-Fraktionsv­ize im Bundestag, Sören Bartol. Jetzt müsse Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) nachrechne­n, ob es Zusatzeinn­ahmen gebe. Der SPDFraktio­nschef im Bayerische­n Landtag, Markus Rinderspac­her, sagte, die Maut erweise sich in der Realität als „Rohrkrepie­rer und Draufzahlg­eschäft“.

Der Aufwand der Maut stehe in keinem Verhältnis zum Ertrag, betonte auch der Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter. Fraktionsv­ize Oliver Kirscher forderte, wenn schon Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kein Machtwort gegen den „Maut-Irrsinn“spreche, müssten die SPD und ihr Kanzlerkan­didat Martin Schulz die Straßengeb­ühr in Bundesrat und Bundestag stoppen.

Lkw Maut ab Juli 2018 auch auf Bundesstra­ßen

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