Illertisser Zeitung

Quittung für Trumps Bulldozer Politik

Erneut votiert ein Gericht gegen den Einreise-Bann für sieben muslimisch­e Länder. Der Präsident ist nach erst drei Wochen im Amt bereits durch Pannen und Missgeschi­cke geschwächt

- VON THOMAS SEIBERT Fox News

„Alternativ­e Fakten“, mit denen sich die Regierung von US-Präsident Donald Trump die Wirklichke­it zurechtbie­gt, sind eine Spezialitä­t von Trump-Beraterin Kellyanne Conway. Deshalb war es kein Zufall, dass es Conway war, die als inoffiziel­le Regierungs­sprecherin die Aufgabe hatte, Trumps Niederlage im Einreisest­reit umzudeuten. Im Sender spielte Conway die Gerichtsen­tscheidung von San Francisco, mit der Trumps Einreisest­opp für Muslime auf Eis gelegt wurde, als unwichtige Zwischenst­ation herunter. Wenn es um die Substanz der Sache gehe, werde Trump gewinnen, sagte sie voraus.

Einstimmig hatten die drei Berufungsr­ichter in San Francisco am Donnerstag­abend verfügt, dass Trumps Einreiseve­rbot für Menschen aus Irak, Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien bis auf Weiteres außer Kraft bleibt. Die Anweisung des Präsidente­n, die Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtling­en aus aller Welt von 110000 auf 50000 Menschen im Jahr zu senken, bleibt dagegen bestehen. Dasselbe gilt für die Order an das Außen- und das Heimatschu­tzminister­ium, Asylanträg­e von Nicht-Muslimen bevorzugt zu behandeln. Conway hat zwar recht, wenn sie darauf hinweist, dass es bei dem Richterspr­uch nicht um die Verfassung­smäßigkeit von Trumps Dekret ging – diese Frage dürfte erst vor dem Verfassung­sgericht geklärt werden. Doch bedeutet das Urteil von San Francisco, dass die neue Regierung nach drei Wochen im Amt bei einem ihrer wichtigste­n Projekte gescheiter­t ist. Und nicht nur das: Die Richter wiesen das Kernargume­nt der Regierung zurück, wonach sich die Justiz nicht in die Entscheidu­ng des Präsidente­n einzumisch­en habe. Vor Gericht hatten die Regierungs­anwälte nicht einmal versucht, inhaltlich zu argumentie­ren – deshalb hieß es in dem Urteil, Trumps Mannschaft habe keinen Beweis dafür beigebrach­t, dass Menschen aus den sieben Länder eine Terrorgefa­hr darstellte­n.

Gegner Trumps feierten das Ergebnis als Sieg gegen einen Präsidente­n, der in den ersten Wochen seit seiner Vereidigun­g am 20. Janu- ar versucht hat, die Politik der USA im Bulldozer-Stil umzukrempe­ln. „3:0“, twitterte Trumps geschlagen­e Gegenkandi­datin, Hillary Clinton. Am Freitag blieb zunächst völlig unklar, wie Trump jetzt reagieren will. Eine Eilentsche­idung des Verfassung­sgerichts könnte schon kommende Woche fallen. Allerdings herrscht am obersten Gericht unter den derzeit acht Richtern eine Patt-Situation. Dies birgt für Trump das Risiko, dass bei einer Vier-zu-vier-Entscheidu­ng das Urteil aus San Francisco zementiert werden könnte.

Der Einreisest­opp ist nicht das einzige Thema, bei dem Trumps Hauruck-Mannschaft an ihre Grenzen stößt. Nachdem Trump vor der Amtsüberna­hme mit demonstrat­iven Kontakten zu Taiwan die EinChina-Politik der USA in Frage gestellt hatte, ruderte er jetzt in einem Telefonat mit dem chinesisch­en Präsidente­n Xi Jinping zurück. Auch beim Thema Iran räumt Trump Positionen: Von seiner Ankündigun­g, das Atomabkomm­en mit Teheran aufzukündi­gen, ist keine Rede mehr. Auch das Wahlkampfv­ersprechen einer raschen Aufhebung der Gesundheit­sreform Obamacare seines Vorgängers Barack Obama wird inzwischen relativier­t. Der Präsident sagte kürzlich in einem Interview, möglicherw­eise werde das Reformwerk erst 2018 durch ein neues System ersetzt.

Zugleich gerät Trumps Team wegen des Fehlverhal­tens einiger seiner wichtigste­n Mitglieder unter Druck. Beraterin Conway könnte sich durch öffentlich­e Werbung für die Modekollek­tion der TrumpTocht­er Ivanka strafbar gemacht haben. Sicherheit­sberater Michael Flynn soll Russland schon vor Trumps Amtsantrit­t eine Lockerung der Sanktionen wegen mutmaßlich­er Hackerangr­iffe auf den US-Wahlkampf in Aussicht gestellt haben; das FBI ermittelt. Die Rückschläg­e bedeuten jedoch nicht, dass sich Trump ändern wird. Wie vom Präsidente­n und von Conway angekündig­t, wird die Regierung weiter für den Einreisest­opp streiten.

Still und heimlich werden Positionen geräumt

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Foto: imago In atemberaub­ender Abfolge unterschre­ibt US Präsident Donald Trump Dekret auf Dekret. Durchdacht scheint diese Art von Politik nicht immer.

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