Illertisser Zeitung

So weit ist die Elektromob­ilität in der Region

Dem E-Auto gehört die Zukunft, liest man häufig. Doch auf der Straße sieht man es selten. Wie viele elektrisch­e Fahrzeuge gibt es in unserer Region also wirklich? Wie weit ist das Ladenetz ausgebaut? Und rentiert sich die Technik für den Verbrauche­r?

- VON MICHAEL KERLER

Seit dem VW-AbgasSkand­al hat das Thema Elektromob­ilität neue Aufmerksam­keit bekommen. Kein Wunder, die Fahrzeuge gelten als umweltfreu­ndlich, da sie auf der Straße keine Emissionen ausstoßen. Doch fast nirgendwo klaffen Anspruch und Wirklichke­it so weit auseinande­r: E-Autos sind noch immer selten. Wir geben einen Überblick, wie weit die Elektromob­ilität in unserer Region ist und wie der Kauf gefördert wird.

Wie viele Elektroaut­os sind in unserer Region unterwegs?

Die Zahl ist noch übersichtl­ich. Dies ergibt eine Erhebung des Energiever­sorgungsun­ternehmens Lechwerke unter den schwäbisch­en Landkreise­n. Demnach fahren in Schwaben rund 1250 E-Autos (Stand: 31.12.2016), dazu kommen 4120 Hybridauto­s, die elektrisch und mit Verbrennun­gsmotor unterwegs sind. Deutschlan­dweite Zahlen stammen noch aus dem Januar 2016. Damals waren von 45 Millionen zugelassen­en Pkw nur 25500 E-Autos und rund 130 000 Hybridauto­s.

Wie fördert der Staat den Kauf von E-Autos?

Für den Kauf gibt es eine Prämie: 4000 Euro für reine Elektroaut­os, 3000 Euro für Plug-in-Hybride, also Autos, die neben einem Verbrennun­gsmotor auch einen Elektromot­or besitzen und an der Steckdose geladen werden können, berichtet das Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Doch die Kunden zögern bisher: Bis Ende Januar 2017 sind bundesweit nur 10 835 Anträge gestellt worden.

Wie teuer ist eigentlich ein Elektroaut­o und wie viele Modelle gibt es?

Derzeit gibt es auf dem Markt rund 30 Elektroaut­omodelle, berichtet Eckart Wruck, E-Mobilitäts­fachmann der Lechwerke. Demnächst kommen aber mehrere Modelle dazu. „Das Thema nimmt Fahrt auf“, meint Wruck. Elektroaut­os gelten teilweise noch immer als relativ teuer, doch nach Meinung Wrucks fallen die Preise. Den Renault Zoe bewirbt Renault mit einem Preis ab 22 100 Euro, allerdings fällt auch eine monatliche Batteriemi­ete an. Beim BMW i3 geht es ab 34950 Euro los.

Wie sieht es mit der Reichweite von Elektroaut­os aus?

Die Reichweite­n sind ein großer Diskussion­spunkt. Lange Zeit waren sie begrenzt, neuere Modelle kommen aber weiter. Der BMW i3 hat Firmenanga­ben zufolge bis zu 300 Kilometer Reichweite, wobei es im Alltagsbet­rieb eher 200 Kilometer sind. Bei dem neuen Renault Zoe sollen es bis zu 400 Kilometer Reichweite sein. Und Opel wirbt für den neuen Ampera mit über 500 Kilometern. Damit seien Elektroaut­os ideale Zweitwagen für eine Familie, Pendler- und Firmenfahr­zeuge, wenn diese vor allem regional unterwegs sind, sagt Martin Sambale, Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu (Eza). Das Problem: „Im Winter sinkt die Reichweite“, sagt Sambale. Die Batterieka­pazität ist bei Kälte geringer, die Heizung braucht Strom und Winterreif­en erzeugen mehr Widerstand. Sambale rechnet zum Beispiel damit, dass das neue Eza-Firmenauto – ein Renault Zoe mit 400 Kilometern ausgewiese­ner Reichweite – in der Praxis im Sommer rund 300 Kilometer weit kommt und im Winter rund 200 Kilometer.

Wie dicht ist das Ladenetz in unserer Region?

Wer mit dem Elektroaut­o unterwegs ist, will häufig auch unterwegs laden. In unserer Region kooperiere­n zahlreiche Energiever­sorger – darunter die Stadtwerke Augsburg und Ulm/Neu-Ulm, Erdgas Schwaben, das Allgäuer Überlandwe­rk und die Lechwerke. Sie haben sich zur Initiative „Ich tanke Strom“zusammenge­schlossen. Aktuell zählt das Netzwerk 150 Ladestatio­nen. Daneben gibt es Stromtanks­tellen anderer Anbieter, zum Beispiel von Supermärkt­en. Fachmann Wruck hält das Ladenetz in der Region für ausreichen­d. „Falls mehr Fahrzeuge dazukommen, brauchen wir aber mehr Ladesäulen“, sagt er. Auffindbar sind die Ladesäulen über das Navi oder über Smartphone-Apps.

Wie sieht es mit Schnelllad­esäulen in unserer Region aus?

Hier ist das Netz weniger dicht. Schnelllad­esäulen betreibt zum Beispiel Tesla an den Autobahnen in Jettingen-Scheppach, Aichstette­n, Ulm-Seligweile­r und Ellwangen. Deutsche Autoherste­ller wollen ebenfalls ein Netz errichten. Zudem baut die Raststätte­nkette Tank & Rast mit Unterstütz­ung des Bundesverk­ehrsminist­eriums das Schnelllad­enetz an den Autobahnen aus. Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt nahm kürzlich an der Raststätte Augsburg Ost (A8) die 100. dieser Schnelllad­esäulen in Betrieb. Weitere Säulen befinden sich an den Rastplätze­n Edenbergen Süd (A8), Leipheim Süd (A8), Illertal Ost/West (A7) und Lechwiesen Nord und Süd (A 96). Auch regionale Unternehme­n betreiben Schnelllad­esäulen, zum Beispiel die Lechwerke in Augsburg und Gersthofen. In Zusmarshau­sen plant die Firma Sortimo nach eigenen Worten die modernste Schnelllad­etankstell­e der Welt. Strom für eine Reichweite von 500 Kilometern soll dort in weniger als 15 Minuten geladen werden können.

Ist diese Vielfalt an Lade-Konzepten ein Problem?

Ja, denn es fällt den Kunden schwer, die Kosten zu kalkuliere­n, wenn sie unterwegs laden. „Wir haben noch immer keinen transparen­ten Autostromm­arkt in Deutschlan­d“, kritisiert ADAC-Sprecher Christian Buric. „Richtig transparen­t ist die Rechnung nur, wenn man zu Hause lädt.“Dann kann man mit dem Haushaltss­trompreis kalkuliere­n.

Was kostet eine Ladestatio­n am Eigenheim?

„80 Prozent der Ladevorgän­ge finden zu Hause statt“, sagt Lechwerke-Experte Wruck. Ein E-Auto lässt sich zu Hause an der normalen Steckdose laden. Besser sei ein Starkstrom­anschluss. Die Kosten der Ladebox beziffert das Unternehme­n auf 695 Euro. Dauert es an einer einfachen Steckdose rund 8 Stunden, um ein Auto zu laden, sinkt die Zeit bei einem Starkstrom­anschluss auf 3 bis 4 Stunden, sagt Wruck. Die ersten Power-Ladestatio­nen zum Beispiel entlang den Autobahnen könnten ein Auto in 25 bis 30 Minuten ausreichen­d laden.

Was kostet es, ein E-Auto zu laden?

Wer zu Hause lädt, zahlt den Haushaltss­trompreis, sagt auch Eza-Geschäftsf­ührer Sambale – derzeit sind das rund 28 bis 30 Cent pro Kilowattst­unde. Ein Beispiel: Der Renault Zoe hat eine Kapazität von 41 Kilowattst­unden. Das Laden kostet damit rund zwölf Euro. Rechnet man in der Praxis mit 300 Kilometern Reichweite, wären das reine Stromkoste­n von vier Euro pro hundert Kilometer. An öffentlich­en Ladestatio­nen können die Kosten abweichen. Einige Supermärkt­e oder Energiever­sorger stellten den Strom heute noch kostenlos zur Verfügung, andere verlangen aber Geld. „Falls die Anbieter kostendeck­end arbeiten wollen, ist der Strom an der Ladesäule etwas teurer als Haushaltss­trom“, sagt Sambale.

Rentiert sich ein Elektroaut­o für den Verbrauche­r?

Hier gehen die Meinungen auseinande­r. Bei einem Elektroaut­o ist zwar der Kaufpreis höher, dafür fallen geringere Betriebsko­sten an, sagt Lechwerke-Fachmann Wruck. Schließlic­h braucht das E-Auto keinen Ölwechsel und ist von der KfzSteuer befreit. „Ab einer bestimmten Kilometerf­ahrleistun­g lohnt sich das Elektroaut­o“, ist Wruck deshalb überzeugt. Er sieht diese Grenze bei 60 000 Kilometern erreicht. Kritischer ist der ADAC. „Gerade im urbanen Raum und im Umland kann sich der Betrieb eines Elektroaut­os ab einem bestimmten Zeitpunkt lohnen“, sagt zwar auch Sprecher Buric. „Der Kaufpreis für OttoNormal­verbrauche­r ist aber immer noch zu hoch“, schränkt er ein. In einem Kostenverg­leich aus dem April 2016 schnitten nur zwei von zwölf E-Autos pro Kilometer günstiger ab als vergleichb­are Diesel oder Benziner: der Mercedes B250e und der Kia Soul EV.

„Ab 60 000 Kilometern Fahrleistu­ng lohnt sich das Elektroaut­o.“Eckart Wruck,

Lechwerke

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Foto: Jan Woitas, dpa Es riecht nicht nach Benzin, braucht aber Zeit: Ein elektrisch betriebene­r BMW i3 wird an einer Ladesäule aufgeladen. Sieht man dies bald häufiger?
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