Das Olympia Gesicht von München
Heide Rosendahl wird 70. Bei den Spielen 1972 gewann sie zweimal Gold und einmal Silber. Es war die erfolgreichste Zeit ihrer Karriere – und gleichzeitig die furchtbarste
Interesse ja, Faszination nein: Heide Ecker-Rosendahl ist nach den Doping-Skandalen nicht mehr sonderlich begeistert von der Leichtathletik. „Wenn ich an die Olympischen Spiele in Rio denke: Die Ergebnisse habe ich mir angeschaut, aber es kribbelte nicht mehr so“, sagt die Doppel-Olympiasiegerin von 1972, die am Dienstag (14. Februar) ihren 70. Geburtstag feiert. „Es hat etwas mit der Glaubwürdigkeit dessen zu tun, was man sieht.“
Dass Russland als Folge des aufgedeckten systematischen Dopings und wegen des noch immer gebremsten Reformeifers auch von der WM im August in London ausgeschlossen bleibt, findet ihre Zustimmung. „Da sind die Russen selber schuld. Sie lernen nicht und glauben, der Rest der Welt macht es genauso“, sagt sie und erwartet keinen schnellen Mentalitätswandel. „So etwas dauert ein Jahrzehnt, wenn nicht zwei“, meinte die DiplomSportlehrerin aus Leverkusen.
Bei den Sommerspielen vor fast 45 Jahren in München wurde Heide Rosendahl zu einer deutschen Sport-Heldin und zum „Gesicht der Spiele“. Sie siegte im Weitsprung mit 6,78 Meter und holte für den Olympia-Gastgeber nach sechs Wettkampftagen die erste Goldmedaille. Zwei Tage später gewann das Mädchen mit den roten Ringelsocken und der Nickelbrille Silber im Fünfkampf – kurz bevor der Anschlag palästinensischer Terroristen auf die Mannschaft Israels die Welt schockte und die Spiele erschütterte.
„Ein Attentat hatte damals nicht die gleiche Bedeutung wie heute. Damals war es etwas Unbegreifliches“, sagt Rosendahl. „Man war in der Sportfamilie entsetzt, dass man uns so etwas angetan hatte.“Bei dem Terrorakt kamen 17 Menschen ums Leben. Dennoch entschied Avery Brundage, der damalige Präsident des Internationalen Olympischen Komitees: „The Games must go on“. Richtig? „Ja, das war die richtige Entscheidung“, betont Rosendahl. Auch sie machte weiter und holte als Schlussläuferin zusammen mit Christiane Kraus, Ingrid Mickler sowie Annegret Richter in Weltrekordzeit (42,81 Sekunden) noch einmal Gold über 4 x 100 Meter. Dass es seitdem keine olympischen Heimspiele mehr in Deutschland gab und die Bewerbungen von Berlin, Leipzig, München und Hamburg auch am Widerstand der Bevölkerung scheiterten, findet sie schade. Für sie waren die Spiele von München 1972 ein wichtiger Markstein ihres Lebens. „Es gab glückliche Momente, aber die Prioritäten sollte man in der richtigen Reihenfolge lassen. Deshalb würde ich auch 1972 nicht als mein Glücksjahr bezeichnen“, sagt sie. „Es war alles schön, aber da sind andere Dinge wie Familie, die kommen zuerst.“
Heide Rosendahl beendete ihre Karriere im Jahre 1973. Seit 1974 ist sie mit John Ecker verheiratet, einem ehemaligen Basketballspieler vom TuS 04 Leverkusen. Einer ihrer beiden Söhne, Danny Ecker, geboren 1977, war viele Jahre einer der besten deutschen Stabhochspringer.