Lieber Baggersee als Freibad?
Hätten Sie mich vor einem Jahr gefragt, liebe Leserin, lieber Leser, die Antwort wäre anders ausgefallen. Damals hätte ich den Baggersee immer dem Freibad vorgezogen. Totes Chlorwasser und Kindergeschrei – wer will sich so entspannen? Aber letzten Sommer ist es dann passiert: Ich habe mich wieder verliebt. In hellblau glitzerndes Wasser ohne Algen. In den Chlorgeruch, der nach Kindheitssommer duftet. In den Geräuschpegel und das freudige Kindergeschrei. In das regelmäßige Platsch, wenn mal wieder einer ins Wasser springt. In den Kiosk, der noch immer Pommes und abzählbare Süßigkeiten verkauft. So herrlich normal und unschick – zum Glück hat ihn die ModernisierungsOptimierungs-Superfood-Hugo-Welle nicht erwischt.
Wer ins Freibad geht, freut sich über eine Mischung aus Nostalgie und Pragmatismus. Man muss keine Unmengen von Essen und Getränken mitschleppen, es gibt ja den Kiosk. Man schmunzelt, wenn wie einst ein Knirps vor einem steht und mühsam die Zahl der Zehnerle mit der seiner Finger und der Gummitiere in seiner Papiertüte vergleicht. Derweil freut man sich schon auf sein Schleck-Eis. Mit kleinen Kindern sind Freibäder ohnehin praktisch: Das Baby muss nicht ganz so stark weißgecremt werden, weil das Babybecken ein Sonnendach hat. Und auf die größeren Kinder hat auch der Bademeister ein Auge.
Aber das Allerbeste am Freibad ist der bunte Menschenmix, auf den man dort trifft und den man so sonst nicht sieht. Auch wenn man von manchen Gesprächen nur Wortfetzen aufschnappen kann, so ist es mitunter spannend, Körpersprache und Körperschmuck zu analysieren. Das kann sogar so spannend sein, dass man dabei glatt das Schwimmen vergisst.