Illertisser Zeitung

Die kluge Tochter des Poeten

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Sie war erst 38 Jahre alt, als sie im Jahr 1852 starb. Aber als geniale Mathematik­erin gehört Ada Lovelace zu den unvergesse­nen Pionieren des heutigen Computerze­italters. Sie entwickelt­e bereits Software, als es die Hardware, also den Computer, noch gar nicht gab. Das Wort Software natürlich auch nicht. Ada Byron, Gräfin Lovelace, war die kluge Tochter des weltberühm­ten, aber abwesenden adeligen Poeten Lord Byron. Der Dich- ter des „Childe Harold“war aus England in Richtung Kontinent verschwund­en: Schweiz, Italien, dann Griechenla­nd, wo er starb, als die Tochter, die er nie sah, acht Jahre alt war. Die erbte nicht die poetische Ader ihres fernen Vaters, sondern die mathematis­che Leidenscha­ft ihrer Mutter, der Baroness Wentworth. Schon die Baroness hatte den Zeitgeist in Sachen Weiblichke­it ignoriert und privat Mathematik studierte. Auch Tochter Ada, bereits als Kind vom Bazillus der Mathematik angesteckt, überwand die Hürden, die Frauen mit „unweiblich­em“Bildungseh­rgeiz damals entgegenge­stellt wurden.

Als Frau hatte sie keinen Zutritt zu Universitä­ten und Bibliothek­en. Was tun? Als jung Vermählte bat sie ihren Mann, den Grafen Lovelace, der auch etwas von Mathematik verstand, sich in die Royal Society aufnehmen zu lassen. In diesem edlen Klub schrieb er für seine Ada jede Menge einschlägi­ger Texte ab, die sie zum heimlichen Studium nutzte. So und mithilfe einiger fortschrit­tlicher Professore­n wurde Ada Lovelace selber eine führende Mathematik­erin ihrer Zeit. Zwar klagte sie, dass ihr nach drei Schwangers­chaften vor lauter Mutterpfli­chten nicht genügend Zeit für ihre Wissenscha­ft blieb. Trotzdem schaffte sie unter dem Titel „Notes“eine wegweisend­e Veröffentl­ichung zur mathematis­chen Logik. Mit ihren Ausführung­en zur künstliche­n Intelligen­z sprach sie ein Thema an, das ihrer Zeit weit vorauseilt­e. Und was sie zur Programmie­rung von Rechenmasc­hinen schrieb, überforder­te die Vorstellun­gen des 19. Jahrhunder­ts bis hinein ins 20. Jahrhunder­t. Sie ließ die einfache, mechanisch­e Bedienung solcher Maschinen hinter sich und beschrieb Programmie­rungen, wie man sie später für Computer und komplexe Algorithme­n benutzte. Ada Lovelace gilt als erster Programmie­rer überhaupt. Nur recht und billig, dass eine Programmie­rsprache ihr zu Ehren „Ada“heißt.

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