Kiffen auf Rezept: Schwerkranker gibt den Kampf auf
Lange hat der Pfaffenhofer Andreas Butzmann vor Gericht darum gerungen, Hanf als Schmerzmittel anbauen zu dürfen. Doch nun hat der Prozess ein jähes Ende gefunden
Andreas Butzmann hat keine Kraft mehr, um die langwierige juristische Auseinandersetzung weiterzuführen. Mehr als ein Jahr lang hat er gegen ein Urteil des Amtsgerichts Neu-Ulm gekämpft. Der heute 33-Jährige aus dem Pfaffenhofer Ortsteil Beuren wollte erreichen, dass er selbst Cannabis anpflanzen darf. Die Droge will er nicht als Rauschmittel konsumieren, sondern als Mittel gegen die großen Schmerzen, die die Nervenkrankheit HNPP bei ihm verursacht.
Wegen illegalen Anbaus von Marihuana hatte das Amtsgericht Butzmann im November 2015 zu einer Geldstrafe in Höhe von knapp 2500 Euro auf Bewährung verurteilt. Das wollte der Schwerkranke, der auf eine Notlage verweist, nicht akzeptieren – und legte Berufung ein. Vor dem Landgericht Memmingen wurde der Prozess neu aufgerollt, für Donnerstag war ein Folgetermin angesetzt. Doch der wird nicht stattfinden. Butzmann hat die Berufung zurückgezogen.
Am Telefon ist dem 33-Jährigen anzuhören, dass es ihm in diesen Tagen schlecht geht. Er lässt deshalb seinen Verteidiger sprechen, den Neu-Ulmer Rechtsanwalt Ingo Hoffmann. Der sagt: „Bei Herrn Butzmann bestehen massive gesundheitliche Probleme. Er ist psychisch nicht in der Lage, die Verhandlung weiterzuführen.“Der Prozess hätte sich nach Ansicht des Anwalts noch weiter in die Länge gezogen und wäre wohl auch nicht in Memmingen, sondern in höherer Instanz entschieden worden.
Die Entscheidung, die Berufung zurückzunehmen, sei aber kein Schuldeingeständnis, betont Hoffmann. Als weiteren Grund für den Entschluss, das Strafverfahren zu einem Ende zu bringen, nennt er die neue Gesetzeslage. Am Freitag hat der Bundesrat Änderungen des Betäubungsmittelgesetztes gebilligt. Ärzte können Schwerkranken künftig Cannabis-Arzneimittel auf Rezept verordnen. Die Kosten erstattet die gesetzliche Krankenversicherung. „Man muss abwarten, wie das in der Praxis greift“, sagt Hoffmann. Butzmann selbst hatte vor Kurzem im Gespräch mit unserer Zeitung von einem wichtigen Schritt in die richtige Richtung gesprochen. Andererseits zeigte er sich aber auch skeptisch, ob die Umsetzung so einfach funktioniert.
Wie berichtet, durfte Butzmann dank einer Sondergenehmigung bislang bereits Cannabis zu medizinischen Zwecken einnehmen. Doch die Präparate sind teuer, weshalb er sich nach eigener Aussage hoch verschuldet hat. Zudem hätte die Apotheke die Produkte nicht immer vorrätig, argumentierte der Pfaffenhofer vor Gericht. Aus Angst, er könnte, wie schon einmal geschehen, ohne das Cannabis heftige Zusammenbrüche erleiden, baute er es verbotenerweise selbst an.
Der Eigenanbau bleibt auch unter dem neuen Gesetz verboten. Eine staatliche Cannabisagentur soll künftig die Versorgung der Patienten sicherstellen. Vorgesehen ist, dass sich die Agentur um den Import von medizinischen CannabisArzneimitteln kümmert. Je nach Bedarf wird sie auch Aufträge über den Anbau von Medizinalhanf vergeben und die Gesamtproduktion aufkaufen. „Weiterverkaufen wird die Agentur diese Cannabis-Erzeugnisse an Arzneimittelhersteller, Großhändler und Apotheken mit entsprechenden betäubungsmittelrechtlichen Genehmigungen“, teilt die Bundesregierung mit. Angesiedelt wird die Cannabisagentur beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.