Virtuoses Spiel für feine Ohren
Das Kodály-Quartett aus Ungarn tourt zu seinem 50-jährigen Jubiläum durch Europa und war dabei zu Gast in Illertissen. Zu hören gab es Musik von Weltklasseformat
Das Kodály-Quartett aus Ungarn wird zu den besten StreichEnsembles gezählt und gilt wegen seines 50-jährigen Bestehens schon fast als Legende. Im Festsaal des Kollegs in Illertissen faszinierte es mit virtuosem Spiel in technischer Perfektion. Dafür gab es begeisterten Applaus, worauf die Streicher ihre Zurückhaltung beiseite legten und das Publikum mit mehreren Zugaben voll emotionaler Akzente überraschten.
Das Konzert war gut besucht und auf dem Programm standen mit Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven sowie Béla Bartók bekannte und gern gehörte Komponisten. Wer allerdings mit leicht zu nehmender Musik gerechnet hatte, konnte seine Klischees begraben – vom ersten Ton an, sobald Attila Falvay seine Stradivari anstimmte.
Dem feinsinnigen bis in höchste Höhen klaren Klang der ersten Violine wussten sich Ferenc Bangó auf der zweiten Geige, János Fejérvári mit Viola sowie György Éder am Violoncello anzupassen. Der Konzertabend war etwas für feine Ohren und Genießer von exquisit dargebotener Musik. Im Publikum herrschte gespannte Stille, man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können.
Zum Auftakt gab es von Mozart das Streichquartett in B-Dur, KV 589 (Entstehung 1789/90), zu hören, wofür die beiden Geigen mit samtweich gestrichenen Tönen zum gefälligen Allegro anstimmten. Umgekehrt begann das Larghetto mit den tiefen Instrumenten, wobei ihr überaus homogenes Zusammenspiel in Klang und Ton aufhorchen ließ. Beim schnelleren Menuetto mit Effekten wie Triller und Bogenkunst verstanden sich die Streicher auf deren dezenten Gebrauch. Denn bei aller Technik blieben sie ihrer feinsinnigen Verspieltheit treu. Zum abschließenden Allegretto gingen sie dem von der ersten Geige ausgehenden Impuls mit und inszenierten spielerisch den Schlusstakt, um sich danach lächelnd zu verbeugen.
Der Szenenwechsel zu Bartóks Streichquartett Nummer 4 (Entstehung 1928) von der Klassik in die Moderne hätte kaum markanter ausfallen können. Auf der Suche nach zeitgemäßer Tonsprache orientierte sich Bartók – jenseits des klassischen Dur-Moll-Systems – an diatonischen Tonformeln, wie sie in der originären Volksmusik vorkommen. Das Streichquartett hat fünf Sätze mit dem mittleren als Kern, eingerahmt von verschiedenen musikalischen Themen. Teils arbeitet Bartók mit den engen Intervallen der chromatischen Tonleiter, dann wechselt er in diatonische Tonreihen über. Ein Spannungsverhältnis – dem die Streicher mit technischer Perfektion entsprachen und bei den damit verbundenen schwierigen Taktwechseln brillantes Zusammenspiel bewiesen. Kaum zu glauben, wie die komplexen Hörerlebnisse aus Dissonanzen, Flageoletttönen, rutschenden Lagenwechseln mit verrückter Bogentechnik oder differenziertem Pizzicato auf den Instrumenten erzeugt wurden. Das Finale klang aber tänzerisch, fast humorvoll aus.
Mit Beethovens Streichquartett Nr. 14 in cis-Moll, opus 131 (Entstehung 1826), zeigte sich das Ensemble von der romantischen Seite. Die sieben Sätze bewältigte es mit höchster Disziplin und gebotener Leidenschaft: eine Glanzleistung an homogener Ausdruckssteigerung. Zugleich brillierten die Streicher in ihren Stimmen, spielten sich die Themen zu und meisterten bravourös Beethovens schwere Musik und die damit verbundenen technischen Herausforderungen.
Für das Kodály-Quartett war das Konzert in Illertissen eines von insgesamt 25 ihrer Tournee – und hat offenbar beiden Seiten gefallen.