Wundersame Wandlung
Emilíana Torrini gibt zusammen mit dem Colorist Orchestra ihren Songs ein neues Gewand – und entzückt das Publikum im Roxy
Ein dicht gewebter PercussionTeppich, dazu Klavier, leise anschwellende Elektronik-Sounds, Klavier, repetitive Tonkaskaden auf der Marimba. Ist das noch Pop? Vielleicht nicht. Aber es wird zu Pop, als die Sängerin dazukommt: Die Isländerin Emilíana Torrini, hierzulande vor allem durch das putzige „Jungle Drum“, das es durch seine Verwendung bei „Germany’s Next Topmodel“auf Platz eins der Charts schaffte. Doch was die rund 300 Besucher im Roxy dann erleben, ist alles andere als ein mit Orchesterpomp aufgeblähtes Konzert eines Pop-Sternchens. Sondern eine Sternstunde.
Wer Torrini, die ihren wenig nordischen Namen ihrem italienischen Vater verdankt, genauer kennt, hat das auch nicht erwartet. Denn die mittlerweile 39-Jährige ist eine vielseitige Künstlerin. In einer Phase der kreativen Unzufriedenheit geriet sie an das ihr bis dahin unbekannte belgische Duo The Colorist und sagte unbedarft ja zu fünf Konzerten mit deren achtköpfigem Orchester. Was sie dann aber mit dem „Colorist Orchestra“erlebte, haute sie förmlich um, wie sie im Roxy erzählt. Aus den Auftritten wurde eine Live-Platte und eine weitere Tournee – mit Ulm als einziger Station in Süddeutschland.
Die Zuschauer im Roxy schließen Torrini sofort ins Herz: weil sie immer wieder versucht, ihre Ansagen auf Deutsch zu machen, aber auch, weil sie so hochschwanger ist, dass man hofft, dass für den Fall der Fälle ein Gynäkologe im Publikum sitzt. Aber statt das Wunder des Lebens erleben die Zuhörer ein musikalisches: In den Arrangements des Duos The Colorist (alias Aarich Jespers und Kobe Proesmans, die auf der Bühne als Schlagzeuger und Perkussionisten mitwirken) machen Torrinis Songs erstaunliche Metamorphosen durch. Niemals werden die Stücke einfach nur schnöde mit Streichersoße übergossen, sondern sie sind vielschichtig, warm und organisch. Afrikanische Rhythmik scheint durch, aber auch der Minimal Music, zarte Musette oder der atmosphärische Jazz von John Coltrane. Das Ergebnis klingt manchmal ein bisschen nach dem SoloFrühwerk von Torrinis noch berühmterer Landsfrau Björk. Auch deshalb, weil sich die Stimmen der beiden Sängerinnen ein wenig ähneln.
Und natürlich: Am Schluss gibt es „Jungle Drum“und es klingt viel mehr nach Dschungel als im Original. Und drei Zugaben hinterher. Und vom Publikum, das zuvor brav und beglückt auf seinen Sitzen verharrte, Standing Ovations.