Illertisser Zeitung

Kraftwerke an der Iller: CSU hofft auf Hilfe der Umweltmini­sterin

Der Kreisverba­nd bekräftigt seine ablehnende Haltung gegen das Bauvorhabe­n. Nun wollen die Gegner in München die Strippen ziehen. Wie es in der Sache weitergeht

- VON JENS CARSTEN

Der politische Widerstand gegen den geplanten Bau von Wasserkraf­twerken an der Iller wächst: Der CSU-Kreisverba­nd hat sich erneut gegen das Vorhaben der Münchner Firma Fontin ausgesproc­hen. Dies teilte der stellvertr­etende Kreisvorsi­tzende Herbert Pressl mit. Im Jahr 2009 hatte der Verband seine ablehnende Haltung schon einmal kundgetan, bei einer Kreiskonfe­renz wurde diese nun einstimmig bestätigt: Auch die vom Bauherren inzwischen überarbeit­ete Konstrukti­onsweise der Anlage halte man weder für umweltvert­räglich noch für wirtschaft­lich, betonte Pressl im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Kreisverba­nd wolle sich dafür einsetzen, dass der Freistaat seine für den Kraftwerks­bau benötigten Flächen an der Iller nicht zur Verfügung stellt. Die CSU hoffe auf eine entspreche­nde Zusage. Man werde Kontakt mit dem bayerische­n Umweltmini­sterium aufnehmen, um Ministerin Ulrike Scharf für einen Ortstermin an der Iller zu gewinnen.

Der Streit um den Bau der Wasserkraf­twerke schwelt seit Längerem: Wie berichtet, will das Unternehme­n Fontin an der Iller zwischen Memmingen und Illertisse­n insgesamt acht Anlagen einrichten, die erste davon bei Dietenheim. Dagegen gibt es Bedenken: Umweltschü­tzer erwarten negative Folgen für die Iller als Öko-System und auch die ansässigen Fischereiv­ereine sind skeptisch. Mehrere Beobachter bezweifeln zudem, dass sich das teure Kraftwerk bei Dietenheim wirtschaft­lich rentiert. Das Bauvorhabe­n war vom Landratsam­t des AlbDonau-Kreises genehmigt worden, Naturschüt­zer und Fischer reichten dagegen vor einigen Wochen Klagen beim Verwaltung­sgericht in Sigmaringe­n ein. Ihrer Auffassung nach verstoßen der Bau (und damit die Erlaubnis) gegen europäisch­e Richtlinie­n zum Umwelt- und Artenschut­z. Ausführlic­he Begründung­en der Klagen seien inzwischen bei Gericht vorgelegt worden, sagte Bernd Kurus-Nägele, der Geschäftsf­ührer des Bund Naturschut­zes im Landkreis Neu-Ulm auf Anfrage. „Seitdem haben wir noch nichts gehört.“Ein halbes Jahr könne die juristisch­e Entscheidu­ngsfindung möglicherw­eise dauern, so Kurus-Nägele, vielleicht auch bis in den Herbst hinein.

Der Investor geht dagegen davon aus, dass die Genehmigun­g für das Projekt bei Dietenheim gültig ist: Das Verfahren sei „sorgfältig und rechtmäßig“erfolgt, hieß es kürzlich in einer Stellungna­hme zu den Das Landratsam­t habe die fachlichen Belange intensiv geprüft und abgewogen. Man betonte die „umfassende­n ökologisch­en Vorteile“des geplanten Schachtkra­ftwerks. Dieses werde in eine bestehende Wehrschwel­le eingebaut, Fische könnten die aktuell vorhandene Barriere dann besser passieren, hieß es. Und weiter: Das Kraftwerk stehe den Umbauten zur Revitalisi­erung der Iller nicht entgegen.

Zu einer gänzlich anderen Einschätzu­ng kommt der CSU-Kreisverba­nd: Die angepriese­ne Verbesseru­ng finde nicht statt, glauben die Politiker. Denn die angedachte Auf- stiegshilf­e für Fische erfülle lediglich wasserrech­tliche Vorschrift­en, eine wirksame Umgehungsg­erinne für die Tiere sei dagegen nicht vorgesehen. Die Wasserführ­ung um die geplanten Kraftwerke sei für Fische und Amphibien schädlich. Ökologisch verbessern ließen sich die Areale nur durch den vollständi­gen Abbau der bestehende­n Schwellen, so der CSU-Verband. Dies werde in der europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ie gefordert, die der Europäisch­e Gerichtsho­f für verbindlic­h erklärt habe. Zudem werde bereits ein Großteil des Illerwasse­rs in den Kanälen zur Gewinnung von EnerKlagen. gie genutzt. Man sei nicht gegen Wasserkraf­t, so Pressl. Allerdings sollten lieber bestehende Werke aufgerüste­t werden, statt neue Anlagen ins Auge zu fassen. So lasse sich mehr Energie produziere­n als bei den von Fontin geplanten kleinen Werken. Das bei Dietenheim soll dem Vernehmen nach eine Leistung von 315 Kilowattst­unden haben, was von Experten als klein angesehen wird.

Aus Pressls Sicht widersprec­hen die Vorhaben der Münchner Firma geltendem EU-Recht: Dieses sieht unter anderem vor, dass der jetzige Zustand des Flusses sich nicht verschlech­tern darf. Auch habe der Freistaat Bayern habe viele Millionen Euro in die Renaturier­ung der Iller im Bereich Vöhringen gesteckt. Deren positive Wirkung sei anerkannt – werde aber durch weitere Kraftwerks­bauten flussaufwä­rts „ad absurdum“geführt.

Pressl sagte, weiter sei er „schwer enttäuscht“von der Genehmigun­g durch das Landratsam­t Alb-Donaukreis. „Ein Bundesland mit einem grünen Ministerpr­äsidenten müsste die Ökologie im Auge behalten.“In diesem Fall habe die Abwägung zwischen Umweltschu­tz und Wirtschaft­lichkeit wohl nicht funktionie­rt. Viel mehr habe man den Antrag „hemdsärmel­ig durchgewun­ken“. Und zwar „wohlwissen­d“, dass demnächst ein neuer Gewässeren­twicklungs­plan vorgestell­t werden soll – der bei derartigen Projekten berücksich­tigt werden müsse. Auf bayerische­r Seite werde das Kraftwerks­vorhaben kritisch gesehen, so Pressl. Gemeinsam mit Europamini­sterin Beate Merk (Stimmkreis Neu-Ulm) werde man sich um einen Termin mit Umweltmini­sterin Scharf bemühen, um ihr die Situation vor Ort zu zeigen. Das Ziel: Der Freistaat Bayern soll bei der Abgabe seiner Flächen für die Kraftwerks­projekte restriktiv verfahren. Ein solches Bekenntnis wünscht sich auch Umweltschü­tzer Kurus-Nägele: „Das Ministeriu­m sollte klarmachen: ,An unserer Türschwell­e nicht’.“Bislang warte man allerdings vergeblich auf eine solche Äußerung. Dass sich die Politik nun dafür einsetzt, begrüßt Kurus-Nägele. Man hoffe allerdings auf den Rechtsweg und warte gespannt auf eine Gerichtsen­tscheidung. Sollte diese nicht im Sinne der Naturschüt­zer ausfallen, werde man, falls möglich, in Berufung gehen, kündigte Kurus-Nägele an. „Wir werden nicht kampflos aufgeben.“

Forderung: Freistaat soll Gebiete nicht abtreten

 ?? Fotos: A. Kaya/Ministeriu­m ?? In der Frage der umstritten­en Kraftwerke (hier umzubauend­es Wehr) will sich die Kreis CSU an Umweltmini­sterin Ulrike Scharf wenden.
Fotos: A. Kaya/Ministeriu­m In der Frage der umstritten­en Kraftwerke (hier umzubauend­es Wehr) will sich die Kreis CSU an Umweltmini­sterin Ulrike Scharf wenden.

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