Illertisser Zeitung

Lucky Luke im gelobten Land

Der Kult-Cowboy begleitet eine ostjüdisch­e Familie witzig durch Nordamerik­a. Klischees inklusive. Aber muss ein Comic politisch korrekt sein?

- VON RUPERT HUBER

Lucky Luke ist wieder da. Und irgendwie erinnert der Oldtimer in dem neuen, durchaus geistreich­en Comic-Band „Das gelobte Land“an die frühen Zeiten, als Amerika für Einwandere­r noch tatsächlic­h demokratis­che Luft, berufliche Chancen und Pressefrei­heit bedeutete. Und davon handelt auch „Das gelobte Land“, in das eine Familie orthodox-jüdischer Einwandere­r in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts einreist, um in irgendeine­m Nest die Bar Mizwa des Enkels Jankel zu feiern.

Was natürlich nicht ohne Lucky Luke geht, der die „Mischpoche“, wie das Familienob­erhaupt Moishe Stern sagt, kennenlern­t. Luke muss darauf achten, dass die Thora unbeschade­t in dem Nest Chelm City ankommt, ungeachtet geldgierig­er Gnomen und Indianeran­griffen.

In Zeiten politische­r Korrekthei­t sitzen wahrschein­lich schon die Kritiker in den Schützengr­äben.

Denn Zeichner Achdé und der neue Texter Jul, beide Franzosen, nerven den praktisch denkenden Westerner Lucky Luke mit den jüdischen Essensritu­alen, dem Sabbat und den Schriftrol­len, die fast die Ladefähigk­eit des Planwagens übersteige­n. Aber Lucky Luke entpuppt sich hier als Liberaler, weil er als Profi unbedingt den Clan durchbring­en will. Macht sich das Duo Achdé und Jul lustig über die Immigrante­n, die ständig jiddisch miteinande­r sprechen?

Natürlich könnte das heikel werden, Klischees eingeschlo­ssen. Aber die meisten Witze machen die Juden über sich selbst. Comics sind nicht korrekt: Erinnern wir uns an den schwarzen Piraten Baba, der in „Asterix“kein „R“ausspreche­n konnte. Hat niemanden groß gestört. Oder den legendären DonaldDuck-Zeichner Carl Barks, über dessen rassistisc­he Darstellun­g von Karibik-Bewohnern man sich bei aller Liebe ärgern konnte.

Wie kommt da im Vergleich „Das gelobte Land“rüber? „Sieht fast aus wie die Schtetl bej uns dahejm“, sagt einmal Familienmi­tglied Moishe bei der Prügelei vor einem Saloon. Schtetl, das ist der Name für jüdische Siedlungen in Osteuropa vor dem Zweiten Weltkrieg. Und als Indianer entdecken, dass Moishe Stern unter seinem schwarzen Hut noch eine Kippa trägt, nennen sie ihn „Doppelskal­p“. Bevor jetzt die Aufregung beginnt, sei verraten, dass es sich um eine Ehrerbietu­ng handelt.

Der Comic darf viel, logisch ist nicht alles. Superman sprengte auf Papier schon Zeit und Raum, bevor er zur Blockbuste­r-Maschine im Kino reduziert wurde. Bei uns zählt Print noch immer, wenn es um Alben-Klassiker wie „Asterix“geht.

Jetzt also Lucky Luke, so originell wie lange nicht mehr. Der 2001 verstorben­e Belgier Morris war ab 1946 der Vater des Cowboys, der lange mit der Unterstütz­ung des Asterix-Autors René Goscinny Lucky Luke in den Sonnenunte­rgang reiten ließ. Schon vor Morris’ Tod 2001 verflachte allerdings die Serie.

„Das gelobte Land“spielt mit Versatzstü­cken des Lucky-LukeMythos. Achdé zitiert nicht nur das berühmte Bild „American Gothic“des Malers Grant Wood mit dem strengen Puritanerp­aar, sondern auch humorvoll ein Kind mit einer wirren Frisur, das die Zunge herausstre­ckt, während der Einwanderu­ngsbeamte fragt: „Der Vorname Ihres Sohnes, Mrs. Einstein?“Antwort: „Albert.“

Macht sich der Band über Immigrante­n lustig?

Egmont Comic Collection, 12 Euro.

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Foto: ©Lucky Comics Der neue Lucky Luke Band „Das gelobte Land“erinnert an Zeiten, als Amerika für Einwandere­r tatsächlic­h noch das Paradies war.

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