Die Retterin ist müde – aber zufrieden
Yvonne Rauscher befreite eine Seniorin aus ihrem Haus. Seitdem steht ihr Telefon nicht mehr still
Ihr Mobiltelefon wird Zeitungsausträgerin Yvonne Rauscher erst einmal ausschalten und einige Tage verreisen: „Ansonsten komme ich gar nicht mehr zur Ruhe“, sagt die 37-Jährige aus Thal, die am Donnerstagmorgen einer Seniorin in dem Vöhringer Ortsteil das Leben gerettet hat. Wie berichtet, war Rauscher gegen 5 Uhr morgens unterwegs, um unsere Zeitungen zuzustellen, als sie Rauchschwaden aus einem Haus im Eschleweg aufsteigen sah. Geistesgegenwärtig reagierte die Frau, setzte einen Notruf ab, lief in das Gebäude – in dem eine Heizdecke im Schlafzimmer ein Feuer entfacht hatte – und trug die hilflose Rentnerin ins Freie. Dabei erlitt Rauscher ebenso wie die Gerettete eine Rauchgasvergiftung.
Als der Vorfall bekannt wurde, blieb das Mobiltelefon der mutigen Austrägerin nicht mehr lange still: Freunde, Bekannte und Medienvertreter hätten sie am Donnerstag regelrecht belagert. Und das nach einem Tag, der für Rauscher wie gewohnt um 1.15 Uhr begonnen und durch den Brand eine aufregende Wendung genommen hatte. „Ich bin müde, kaputt und fertig“, sagte Rauscher gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Deshalb werde sie sich nun „eine Auszeit“gönnen und einige Tage zu ihrem Bruder in den Schwarzwald reisen. Das Interesse an ihrer Person sei nach der Rettung plötzlich derart groß gewesen, dass sie Anrufe teilweise nicht entgegennehmen konnte: „Es waren einfach sehr, sehr viele.“Bereitwillig beantwortete Rauscher die Fragen zu dem Vorfall, nach zahlreichen Gesprächen lehnte sie am Nachmittag dann aber auch eine Interviewanfrage ab. Die sei etwas aufdringlich gewesen, sagt Rauscher. Und fügt hinzu: „Noch mal würde ich so einen Trubel nicht überstehen.“Am Donnerstagnachmittag habe sie dann deutlich gespürt, wie ihr Körper nach Ruhe verlangte. Von 17 Uhr bis gestern um 7 Uhr habe sie durchgeschlafen.
Genauso handeln würde die 37-Jährige in einer ähnlichen Situation allerdings wieder: „Das steht für mich außer Frage.“Auch wenn Feuerwehr und Polizei davor warnen, unbedarft brennende Häuser zu betreten. Sie sei froh darüber, dass die Sache mit dem Brand in Thal gut ausgegangen ist. Die Folgen der Rauchvergiftung machen Rauscher allerdings noch zu schaffen: Beim Atmen verspüre sie ein leichtes Stechen. Gestern habe sie deshalb noch einmal einen Arzt aufgesucht. Der habe ihr „einen Luftwechsel“empfohlen. Dem wird Rauscher nachkommen und im Schwarzwald durchatmen.
In einigen Tagen will die 37-Jährige ihre Arbeit als Austrägerin wieder aufnehmen: Täglich liefert sie 215 Ausgaben der
der und einige Exemplare einer Ulmer Zeitung an die Leser aus. Seit mehreren Jahren ist Rauscher als Zustellerin in unserem Unternehmen beschäftigt. Ihre Tour beginnt gegen 1.45 Uhr: Dann landen die ersten Zeitungen im westlichen Vöhringen in den Briefkästen. Viele Abonnenten schätzten die frühe Lieferung, dazu gehörten etwa Beschäftigte der Wieland-Werke. „Die müssen um 4 Uhr raus“, weiß Rauscher.