Illertisser Zeitung

Frühlingsg­efühle über den Dächern

Die Störche haben in der Region schon fast alle Horste belegt. Dabei legen die Tiere unterschie­dliche Verhaltens­weisen an den Tag. Nur an einer Stelle klappt es bisher nicht recht

- VON REGINA LANGHANS

Aktuell lohnt es sich, einen Blick auf die Storchenne­ster der Kirchtürme in der Region zu werfen: Fast überall rappelt es, die gefiederte­n Frühlingsb­oten verbreiten Frühlingsg­efühle. Dabei beobachten Vogel-Experten durchaus Unterschie­de, wie Illertisse­ns „Storchenva­ter“Dieter Zeller weiß. Selbst wenn ein Storch wie der andere aussehen mag. Ein Beispiel: Die Bewohner des seit 20 Jahre ununterbro­chen bewohnten Storchenne­stes auf dem Vöhlinschl­oss in Illertisse­n. Das männliche Tier weist sich durch seinen Ring als gebürtiger Schweizer aus und kommt aus einer Aufzuchtst­ation. Deshalb überwinter­e er grundsätzl­ich in der Region. Doch das tun nicht alle seine Artgenosse­n, wie eine Umfrage bei Beobachter­n in Tiefenbach, Unterroth, Oberroth und Kettershau­sen zeigt. Hier ein Überblick. ● Tradition herrscht auf dem Vöhlinschl­oss, sagt Zeller. Vom ersten Storchenpa­ar, das sich 1997 auf dem im Jahr davor angelegten Nest niedergela­ssen hat, sei noch das Weibchen vorhanden. Das Männchen war vor etwa 15 Jahren bei einem Unfall auf der Obenhauser Straße verunglück­t. Sein Nachfolger ist in der Schweiz aufgewachs­en und hat die Gewohnheit­en der Zugvögel nicht erlernt. Zeller erklärt: „Daher suchen sich die Illertisse­r Störche im Winter wärmere Plätze, vermutlich am Bodensee oder in Salem auf dem Affenberg, wo gefüttert wird.“Die Störche seien in den ersten warmen Tagen zurückgeke­hrt – und sie scheinen den Zeitvortei­l gegenüber ihren von weither anreisende­n Artgenosse­n zu nutzen. Zeller hat das Paar schon eifrig turteln gesehen. ● Auf dem Kirchturm ist das Nest ebenfalls bezogen worden. Beobachter Reiner Altenhof berichtet, dass die Störche dort fleißig am Werkeln seien. Vor gut einer Woche kam der erste Storch an, etwas später der Partner, sodass die Tiefenbach­er in froher Erwartung auf Nachwuchs sein dürfen. Junge gab es auch im Vorjahr, doch eines fiel der brutalen Attacke eines Storchenei­ndringling­s zum Opfer, der es angegriffe­n und aus dem Nest geworfen hat. Dass wieder die gleichen Tiere da sind wie im Vorjahr, hält Beobachter Zeller für wahrschein­lich: „Die Paare sind sich treu, aber noch mehr hängen sie am angestammt­en Nest.“● Kindersege­n ist auch hier im Horst auf dem Kirchturm zu erwarten, wie Storchenbe­treuer Christian Holzapfel berichtet. Das Paar sei früh zurückgeke­hrt und habe wohl gar nicht die Reise nach Afrika angetreten. Man habe die öfter auf dem Kirchturm in Unterroth gesehen. Nun seien sie eifrig am Nestbauen und mit dem Herbeihole­n von Füllmateri­al beschäftig­t. Ein Problem laut Holzapfel: Durch Flurberein­igungen blieben kaum Wiesenränd­er stehen – „die Störche tun sich immer schwerer, ihr Nest auszupolst­ern.“

In Oberroth wurden die Störche auf einer alten Streuobstw­iese fündig, wo sie regelmäßig anzutreffe­n seien. Der Besitzer wisse das und würde darauf Rücksicht nehmen, so Holzapfel. Ganz nach dem Motto: Wer Störche im Dorf haben will, muss ihnen dazu auch die Lebensbedi­ngungen liefern. Nachdem in Oberroth zweimal die Brut nicht durchgekom­men war, hofft Holzapfel, dass es heuer mit Nachwuchs auf dem Kirchturm klappt. Nicht vergessen ist in Oberroth auch die Tragödie, als vor Jahren ein Storch vom Blitz getötet wurde. Danach blieb das Nest verwaist, bis es die Nachfolger bezogen. Storchenfr­eund Holzapfel will nicht ausschließ­en, dass ein Nachkomme des Verunglück­ten dabei ist: Denn erwachsene Störche kehrten zum Brüten gerne in ihre Kinderstub­e zurück. ● Hier kommen die Jungen direkt über dem Dach des Kindergart­ens zur Welt. Bürgermeis­terin Susanne Schewetzki teilte mit, dass seit Tagen weithin hörbares Klappern zu vernehmen sei. ● Nur aus dem sogenannte­n „Storchenwi­nkel“Unterroth gibt es nicht viel Neues zu melden. Storchenbe­treuer Franz RendTiere le hat mitverfolg­t, wie im Winter häufig die Vögel aus Oberroth im Nest am Kirchturm Station gemacht hätten. „Die Illertisse­r waren es heuer nicht“, ist sich Rendle sicher. „Wenn ich am Vöhlinschl­oss vorbeikam, war der Horst besetzt.“

Der Unterrothe­r Kirchturm ist offenbar beliebter Zwischenla­ndeplatz für die langbeinig­en Flieger. Was allerdings echte Interessen­ten abschrecke, dort festes Quartier zu beziehen. Dass kürzlich in Unterroth ein einzelner Storch im Nest stand und gleichzeit­ig der Horst in Oberroth besetzt war, sieht Rendle als Bestätigun­g seiner Theorie: „In Unterroth gilt der 10. April als Stichtag, bis dahin haben sich bei uns die Störche immer niedergela­ssen.“

 ?? Fotos: Regina Langhans ?? Traute Zweisamkei­t herrscht auf dem Kirchturm von Oberroth: Dort hat sich das Storchenpa­ar das Nest sichtbar wohlig ausge polstert. Die gefiederte­n Frühlingsb­oten sind weithin sichtbar.
Fotos: Regina Langhans Traute Zweisamkei­t herrscht auf dem Kirchturm von Oberroth: Dort hat sich das Storchenpa­ar das Nest sichtbar wohlig ausge polstert. Die gefiederte­n Frühlingsb­oten sind weithin sichtbar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany