Frühlingsgefühle über den Dächern
Die Störche haben in der Region schon fast alle Horste belegt. Dabei legen die Tiere unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag. Nur an einer Stelle klappt es bisher nicht recht
Aktuell lohnt es sich, einen Blick auf die Storchennester der Kirchtürme in der Region zu werfen: Fast überall rappelt es, die gefiederten Frühlingsboten verbreiten Frühlingsgefühle. Dabei beobachten Vogel-Experten durchaus Unterschiede, wie Illertissens „Storchenvater“Dieter Zeller weiß. Selbst wenn ein Storch wie der andere aussehen mag. Ein Beispiel: Die Bewohner des seit 20 Jahre ununterbrochen bewohnten Storchennestes auf dem Vöhlinschloss in Illertissen. Das männliche Tier weist sich durch seinen Ring als gebürtiger Schweizer aus und kommt aus einer Aufzuchtstation. Deshalb überwintere er grundsätzlich in der Region. Doch das tun nicht alle seine Artgenossen, wie eine Umfrage bei Beobachtern in Tiefenbach, Unterroth, Oberroth und Kettershausen zeigt. Hier ein Überblick. ● Tradition herrscht auf dem Vöhlinschloss, sagt Zeller. Vom ersten Storchenpaar, das sich 1997 auf dem im Jahr davor angelegten Nest niedergelassen hat, sei noch das Weibchen vorhanden. Das Männchen war vor etwa 15 Jahren bei einem Unfall auf der Obenhauser Straße verunglückt. Sein Nachfolger ist in der Schweiz aufgewachsen und hat die Gewohnheiten der Zugvögel nicht erlernt. Zeller erklärt: „Daher suchen sich die Illertisser Störche im Winter wärmere Plätze, vermutlich am Bodensee oder in Salem auf dem Affenberg, wo gefüttert wird.“Die Störche seien in den ersten warmen Tagen zurückgekehrt – und sie scheinen den Zeitvorteil gegenüber ihren von weither anreisenden Artgenossen zu nutzen. Zeller hat das Paar schon eifrig turteln gesehen. ● Auf dem Kirchturm ist das Nest ebenfalls bezogen worden. Beobachter Reiner Altenhof berichtet, dass die Störche dort fleißig am Werkeln seien. Vor gut einer Woche kam der erste Storch an, etwas später der Partner, sodass die Tiefenbacher in froher Erwartung auf Nachwuchs sein dürfen. Junge gab es auch im Vorjahr, doch eines fiel der brutalen Attacke eines Storcheneindringlings zum Opfer, der es angegriffen und aus dem Nest geworfen hat. Dass wieder die gleichen Tiere da sind wie im Vorjahr, hält Beobachter Zeller für wahrscheinlich: „Die Paare sind sich treu, aber noch mehr hängen sie am angestammten Nest.“● Kindersegen ist auch hier im Horst auf dem Kirchturm zu erwarten, wie Storchenbetreuer Christian Holzapfel berichtet. Das Paar sei früh zurückgekehrt und habe wohl gar nicht die Reise nach Afrika angetreten. Man habe die öfter auf dem Kirchturm in Unterroth gesehen. Nun seien sie eifrig am Nestbauen und mit dem Herbeiholen von Füllmaterial beschäftigt. Ein Problem laut Holzapfel: Durch Flurbereinigungen blieben kaum Wiesenränder stehen – „die Störche tun sich immer schwerer, ihr Nest auszupolstern.“
In Oberroth wurden die Störche auf einer alten Streuobstwiese fündig, wo sie regelmäßig anzutreffen seien. Der Besitzer wisse das und würde darauf Rücksicht nehmen, so Holzapfel. Ganz nach dem Motto: Wer Störche im Dorf haben will, muss ihnen dazu auch die Lebensbedingungen liefern. Nachdem in Oberroth zweimal die Brut nicht durchgekommen war, hofft Holzapfel, dass es heuer mit Nachwuchs auf dem Kirchturm klappt. Nicht vergessen ist in Oberroth auch die Tragödie, als vor Jahren ein Storch vom Blitz getötet wurde. Danach blieb das Nest verwaist, bis es die Nachfolger bezogen. Storchenfreund Holzapfel will nicht ausschließen, dass ein Nachkomme des Verunglückten dabei ist: Denn erwachsene Störche kehrten zum Brüten gerne in ihre Kinderstube zurück. ● Hier kommen die Jungen direkt über dem Dach des Kindergartens zur Welt. Bürgermeisterin Susanne Schewetzki teilte mit, dass seit Tagen weithin hörbares Klappern zu vernehmen sei. ● Nur aus dem sogenannten „Storchenwinkel“Unterroth gibt es nicht viel Neues zu melden. Storchenbetreuer Franz RendTiere le hat mitverfolgt, wie im Winter häufig die Vögel aus Oberroth im Nest am Kirchturm Station gemacht hätten. „Die Illertisser waren es heuer nicht“, ist sich Rendle sicher. „Wenn ich am Vöhlinschloss vorbeikam, war der Horst besetzt.“
Der Unterrother Kirchturm ist offenbar beliebter Zwischenlandeplatz für die langbeinigen Flieger. Was allerdings echte Interessenten abschrecke, dort festes Quartier zu beziehen. Dass kürzlich in Unterroth ein einzelner Storch im Nest stand und gleichzeitig der Horst in Oberroth besetzt war, sieht Rendle als Bestätigung seiner Theorie: „In Unterroth gilt der 10. April als Stichtag, bis dahin haben sich bei uns die Störche immer niedergelassen.“