Illertisser Zeitung

Jugendlich­e begehen weniger Straftaten

Welche Begründung der Amtsgerich­tsdirektor dafür hat und warum Erwachsene häufiger kriminell werden

- VON RONALD HINZPETER

Die Jugend im Kreis kommt seltener mit dem Gesetz in Konflikt. In den vergangene­n drei Jahren sank die Zahl der bei der Staatsanwa­ltschaft anhängigen Verfahren um 23 Prozent. Deshalb musste das Amtsgerich­t Neu-Ulm seltener gegen Jugendlich­e und Heranwachs­ende verhandeln. Dieser Trend freut Thomas Mayer. Bei der Vorstellun­g der Justiz-Jahresbila­nz lieferte der Amtsgerich­tsdirektor eine Erklärung, die einiges mit der anhaltend guten Konjunktur zu tun hat: Weil die Region viele Ausbildung­sund Arbeitsplä­tze bietet, seien die jungen Leute gut versorgt – „und dann passiert weniger“. Wer seine Zeit nicht totschlage­n müsse, sondern einen Job hat, der neige weniger zu Straftaten. Im Gegenzug begingen dafür mehr Erwachsene eine Straftat: Das ergibt sich aus der Statistik, denn insgesamt ist die Menge der Strafverfa­hren am Gericht gleich geblieben. Das Mehr an Erwachsene­ndelikten führt Mayer auf die Glacis-Galerie zurück – nach dem simplen Prinzip, dass Gelegenhei­t eben Diebe macht. Nach der Eröffnung des Einkaufsce­nters registrier­te die Polizei einen Anstieg der Eigentumsd­elikte.

Was die Flüchtling­e betrifft, so haben sie laut Mayer keine signifikan­ten Auswirkung­en auf die Zahl der Strafverfa­hren. Sie fielen meist auf, weil sie „nicht mit Alkohol umgehen können“, wie der Gerichtsch­ef urteilt: „Es gibt welche, die fahren immer wieder betrunken Fahrrad und werden halt dabei erwischt.“Hinzukomme­n Schlägerei­en unter den Asylbewerb­ern. Ansonsten sieht Mayer „in unserem Bereich nichts Auffällige­s“.

Keine Erklärung kann er hingegen zu der Tatsache liefern, dass im gesamten Landgerich­tsbezirk, der auch die Landkreise Günzburg und Unterallgä­u sowie die Stadt Memmingen umfassen, immer mehr Drogendeli­kte registrier­t werden. Die Zahl hat sich in den vergangene­n Jahren von 454 auf 865 beinahe verdoppelt.

Deutlich „eingebroch­en“seien dagegen die Zivilverfa­hren, was sich nach Einschätzu­ng von Mayer ebenfalls mit der guten Konjunktur­lage in der Region erklären lässt: „Wer seine Rechnung nicht zahlt, landet normalerwe­ise vor dem Zivilgeric­ht.“Offenbar bleiben immer weniger Menschen ihren Gläubigern das Geld schuldig. Doch gestritten wird immer noch gerne – und dann muss die Justiz entscheide­n. In 45 Prozent der Fälle geht es dabei um Summen bis maximal 1000 Euro, einen Bereich also, der für das Amtsgerich­t unter „Kleinigkei­ten“fällt.

Auch gestern sprach Mayer das Nachwuchsp­roblem bei der hiesigen Justiz an. Das war bereits vor drei Wochen Thema, als Bayerns Justizmini­ster Winfried Bausback in NeuUlm zu Besuch war. Nach dem Bericht in unserer Zeitung ging beim Amtsgerich­t „eine Flut von Blindbewer­bungen ein“, wie Mayer sagte. Doch zum Bedauern des Direktors konnten die Bewerber nicht bedacht werden, weil sie nicht die richtige Ausbildung vorweisen konnten: Floristinn­en und Kindergärt­ner hätten nun mal nicht die nötige Qualifikat­ion für die Justiz.

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Symbolfoto: Alexander Kaya

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