Illertisser Zeitung

Elfmeter – ja, nein, vielleicht

Ab der kommenden Saison entscheide­n Videoassis­tenten in der Bundesliga. Wie hilfreich sie sein können, zeigt sich bei Testspiele­n in Augsburg und Hamburg. Ob das Projekt von DFL und DFB Erfolg hat, hängt von einigen Faktoren ab

- VON JOHANNES GRAF

Manch einer hielt diesen Moment geradezu für historisch. Rund eine halbe Stunde war im Testspiel zwischen dem FC Augsburg und Greuther Fürth absolviert, ehe FCA-Spieler Scherzer Gegenspiel­er Steininger in die Beine fuhr. Schiedsric­hter Marco Fritz entschied auf Strafstoß. Doch obwohl der Ball am Punkt ruhte und Fürths Gjasula Anlauf genommen hatte, durfte er nicht schießen. Fritz nahm die Entscheidu­ng zurück, entschied auf Freistoß außerhalb des Strafraums. Korrigiert hatte ihn ein Videoassis­tent per Funk über einen Knopf im Ohr.

Diese Szene diente als Ausblick, worauf sich Profis, Verantwort­liche und Zuschauer künftig bei Bundesliga­begegnunge­n einstellen müssen. Ab der kommenden Spielzeit mischen sich die Helfer vor den Bildschirm­en bei kniffligen Situatione­n ein. Ihr hehres Ziel: weniger Fehlentsch­eidungen und Diskussion­en, dung änderte. Hätte der Fürther Gjasula ausführen müssen, wäre der Torhüter psychologi­sch im Vorteil gewesen. Schiedsric­hter Fritz versichert: „Das wird im Live-Betrieb nicht so lange dauern, weil mehr Kameras zur Verfügung stehen.“Beim Testspiel in Augsburg waren es deren sechs, an Bundesliga­spieltagen sind bis zu zehn im Einsatz. Wobei noch geprüft wird, wie viele Perspektiv­en letztlich nötig sind. Umso mehr Bilder der Videoassis­tent begutachte­n muss, umso länger dauert der Entscheidu­ngsprozess, umso länger zieht sich das Spiel.

Nur ein reibungslo­ser Ablauf in der Technik garantiert den Erfolg des Projekts. Im Replay-Center in Köln laufen die Bilder ein, die die DFL-Tochter Sportcast liefert und ein Systemspez­ialist verarbeite­t. Es sind die gleichen Bilder, die den Fernsehsen­dern zur Verfügung gestellt werden. Die Videoassis­tenten sollen in einem neutralen Umfeld, ohne emotionale Einflüsse eines Stadions, entscheide­n.

Kontakt aufnehmen kann sowohl der Schiedsric­hter als auch der Assistent im Studio. Mit einem in die Luft skizzierte­n Bildschirm, bekannt aus Eishockey oder Hockey, kündigt der Schiedsric­hter den Videobewei­s an. Geschult werden derzeit alle 23 Bundesliga­schiedsric­hter. Sie rotieren, stehen mal auf dem Platz, überwachen mal das Geschehen am Bildschirm. Im Videoassis­tenten-Pool finden sich zudem Schiedsric­hter, die aus Altersgrün­den ihre aktive Laufbahn beenden mussten.

Hellmut Krug, Schiedsric­hterManage­r der DFL, erläutert die Schwierigk­eiten. Auf dem Platz entscheide der Schiedsric­hter aufgrund der Wahrnehmun­g der realen Situation. Jetzt müssten sie zudem ein Gefühl für die Wiederholu­ng von Spielszene­n bekommen, so Krug.

Nicht nur beim Test in Augsburg bewährte sich der Videobewei­s, ebenso bei einem Übungsspie­l des Hamburger SV. Lasoggas Treffer gegen den Oberligist­en BarmbekUhl­enhorst wurde aberkannt – der Videoassis­tent hatte ein Foul entdeckt. Weil DFB und DFL bereits in der Saison 2017/18 den Videoassis­tenten „scharf“stellen, erhoffen sie sich eine Vorreiterr­olle. Sie sind weiter als andere Nationen. Neben Deutschlan­d testen Belgien, Frankreich, Italien, Niederland­e, Portugal und Tschechien, außerdem Australien, Brasilien, Katar und die USA. Bei der WM 2018 in Russland will der Weltverban­d Fifa den Videoassis­tenten einsetzen.

Selbst FCA Trainer Baum täuscht sich beim Elfmeter

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Foto: DFL Die Bundesliga Schiedsric­hter Sascha Stegemann (links) und Marco Fritz (rechts) sammeln Erfahrunge­n für die neue Aufgabe als Videoassis­tent. Sie sitzen im Replay Center in Köln, in dem die Bilder aus den Stadien bewertet werden.

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