Das Ärztehaus darf stehen bleiben
Eigentlich sollte das in die Jahre gekommene Bauwerk vor der Illertalklinik platt gemacht werden, jetzt ist davon vorerst keine Rede mehr
Eigentlich sollte das Ärztehaus vor der Illertalklinik schon lange dem Erdboden gleichgemacht sein: An seiner Stelle war mal eine Art Park geplant, doch das alte Gebäude hat sich als ausgesprochen standfest erwiesen: Vorerst soll es nun doch nicht abgerissen werden. Den Abbruchbeschluss aus dem Jahr 2005 hat der Krankenhausausschuss am Freitag aufgehoben. Das heißt natürlich nicht, dass die Immobile für alle Zeiten Bestandsschutz genießt, denn der Landkreis lässt sich eine Art Hintertürchen offen: Der neue Mietvertrag mit dem Frauenarzt Dr. Martin Schlipf soll so gestaltet sein, dass ihm relativ kurzfristig gekündigt werden kann, falls der Landkreis, dem das Gebäude gehört, das Haus doch noch platt machen möchte.
Nach wie vor steht das Haus, in dem früher die Chefärzte der Illertalklinik lebten, einer großzügigeren Auffahrt zum Krankenhaus im Weg. Als der Haupteingang wegen des angebauten Bettenhauses verlegt worden war, ist der Eingangsbereich ein wenig aus der „Sichtachse gerückt“. Wer also in Illertissen in der Krankenhausstraße auf das Gebäude zufährt, bemerkt erst mal nicht unbedingt, dass es sich hier um eine Klinik handelt. Es gebricht also an „städtebaulicher Präsenz“.
Obwohl der Kreistag im Oktober 2005 den Abriss beschlossen hat, ist seither nichts passiert, abgesehen von diversen Beteuerungen, dass die Tage des Hauses nun aber gezählt seien. Für die Belegärzte Dr. Schlipf und seinen damaligen Partner HansGeorg Grimm waren sogar eigens neue, moderne Räume in der Klinik geschaffen worden – doch die blieben leer. Der Umzug fand einfach nicht statt, weil angeblich immer wieder etwas dagegen stand. Landrat Thorsten Freudenberger sprach von „unterschiedlichen Signalen“im Laufe der Jahre. So passten etwa die alten Möbel und Praxiseinrichtungen nicht mehr in die nun größeren Räume. Ein Umzug habe sich „eben nie ergeben“. Nach den Worten von Freudenberger hätten die Mediziner stets beteuert, das alte Haus sei als Praxis ausreichend, sie fühlten sich dort wohl.
Deshalb ging nun Schlipf auf den Landkreis zu und bat, im alten Haus bleiben zu dürfen, allerdings sollte das ein bisschen hergerichtet werden. Weil die Abrissbirne, bildlich gesprochen, schon seit Jahren über dem Gebäude baumelte, war an dem Haus nichts mehr gemacht worden. Der Garten verwilderte, die Heizung gilt schon seit vielen Jahren als nicht mehr zeitgemäß, was offenbar regelmäßig vom Kaminkehrer angemahnt worden ist. Die Pfosten der Eingangstore sind brüchig, der Zugangsbereich müsste gepflastert und verschiedene Bodenbeläge und Wachtische müssten erneuert werden. Maler sowie Schreiner fänden ebenfalls ein angemessenes Betätigungsfeld.
Die entsprechenden Sanierungsarbeiten, die sich auf rund 40000 Euro summieren, sollen nun angegangen werden, wobei der Mieter die Hälfte der Innenarbeiten übernehmen müsste.
Widerstand gegen den Erhalt des Bauwerks regte sich im Krankenhausausschuss nicht. Allerdings setzte es einige spitze Bemerkungen an die Adresse des Mieters Martin Schlipf. Antje Esser (SPD) meinte, er habe sich „nicht als zuverlässiger und stringenter Vertragspartner erwiesen“. Die Räume in der Klinik seien immerhin „nach den Wünschen der Herren“gemacht worden. Sie forderte, wegen der nun fälligen Sanierungsarbeiten eine entsprechende Erhöhung der Miete, um den Arzt angemessen zu beteiligen. Und es müsse möglich sein, ihm jederzeit zu kündigen. Gerold Noerenberg (CSU) stimmte ihr zu, denn „die Meinungsbildung zu Doktor Schlipf ist nicht ganz ungetrübt“, wie er es formulierte. Und er gab seiner Hoffnung Ausdruck, „dass nicht noch mehr unvollzogene Beschlüsse auftauchen“. Das war eine Anspielung auf einen Umstand, der erst vor Kurzem im Ausschuss diskutiert wurde: Eigentlich war im Stiftungsvertrag von 2004 vereinbart worden, Illertissen und Weißenhorn als eine Klinik zu führen. Das ist nie geschehen.
Einen freute es besonders, dass der Abrissbeschluss vorerst einkassiert wurde: Josef Kränzle (FW). In der Bevölkerung habe es dafür kein Verständnis gegeben, denn eigentlich sei die Bausubstanz noch sehr gut. Das Gebäude hat viele Freunde in der Stadt Illertissen, die mit wertvoller Bausubstanz nicht sehr reich gesegnet ist. Der Einzige, der anders abstimmte, als die anderen, war Roland Hunger (CSU). Seiner Ansicht nach bräuchte der Abrissbeschluss nicht aufgehoben zu werden, es genüge, ihn einfach nicht zu vollziehen. Deshalb votierte er dagegen, die Abrissentscheidung zu kippen.