Ulm muss mehr aus dem Namen Einstein machen
Debatte um Geburtshaus »
Jahrzehntelang lagen die Überreste des Geburtshauses von Albert Einstein neben der Fußgängerzone im Untergrund, ohne dass sich jemand darum kümmerte. Doch jetzt, wo sie wegen einer Großbaustelle weichen müssen, ist die Aufregung groß. Also viel Lärm um ein paar alte Steine? Nein, es ist gut, dass historischen Zeugnissen heute eine andere Bedeutung beigemessen wird als in der Nachkriegszeit. Damals ging es um den Wiederaufbau nach dem Zusammenbruch, heute ist die Stadt Ulm wohlhabend, steht glänzend da und kann sich den Umgang mit ihrer Vergangenheit auch etwas kosten lassen. Die Frage ist, wie viel und was die Bürger dafür bekommen.
Am schönsten wäre es natürlich, wenn die Einstein-Mauern an Ort und Stelle blieben und somit zu einer Art Gedenkstätte für den größten Sohn der Stadt werden könnten. Das fällt aber flach, weil an dieser Stelle für 200 Millionen Euro ein Einkaufsquartier mit Geschäften, Büros und Wohnungen gebaut wird. Wollte man die Überreste in die Sedelhöfe integrieren, würden sie künftig in einem Sozialraum für Mitarbeiter stehen, wo sich nie ein Besucher hin verirrt. Also sollen die Steine herausgeholt und später an anderer Stelle neu präsentiert werden. Das ist sicherlich sinnvoll und wünschenswert.
Man sollte die Bedeutung der Mauern aber auch nicht überhöhen. Das eigentliche Haus ist längst weg, es ist nur noch der Keller übrig. Die Mauern sind auch nicht archäologisch wertvoll, sondern haben eine eher symbolische Bedeutung. Die Überreste müssen einen angemessenen Platz bekommen. Aber den Keller an einem anderen Ort neu aufzubauen, herausgerissen aus dem historischen Umfeld, ist fragwürdig.
Richtig ist allerdings, dass die Stadt Ulm viel mehr mit dem Pfund „Einstein“wuchern muss, als sie dies in der Vergangenheit getan hat. Ja, der geniale Physiker hat hier nur knapp 15 Monate seines Lebens verbracht. Doch Ulm ist Einsteins Geburtsstadt und kann davon enorm profitieren. Ein Einstein-Platz in den Sedelhöfen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ein Einstein-Museum wäre ein weiterer, am besten an einem attraktiven Standort wie dem heutigen Busbahnhof. Das könnte ein neuer Touristen-Magnet werden, denn der Name Einstein ist auf der ganzen Welt bekannt.