Illertisser Zeitung

„Schmerz ist nur ein Gefühl“

Ob mit Fäusten oder Füßen, ob stehend oder am Boden – bei der weltweit härtesten Variante ist fast alles erlaubt. Warum die modernen Gladiatore­n die Schläge kaum spüren und Verletzung­en nicht fürchten

- VON PIT MEIER

Dieser Kampf war der spektakulä­re Höhepunkt des Käfig-Spektakels am Kuhberg, und der Ausgang war hoch umstritten: Ob stehend oder am Boden, ob mit Fäusten, Ellbogen, Füßen oder Knien – beim Mixed Martial Arts (MMA) nach Profiversi­on ist beinahe alles erlaubt. Schon Mitte der ersten Runde stoppte der Ringrichte­r die Keilerei zwischen dem 25-jährigen Ulmer Toni Stockmann und seinem 14 Jahre älteren brasiliani­schen Gegner Haroldo Bunn und erklärte den Sohn der Kampfsport-Legende Andreas Stockmann zum Sieger durch K. o. Bunns Trainerin Rola El-Halabi protestier­te heftig gegen diese Entscheidu­ng, ihr Ehemann Kosta Papastergi­ou griff zum Mikro und versuchte den pfeifenden Teil der Zuschauer zu beruhigen. Nach Stockmanns Einschätzu­ng war der Abbruch nur konsequent: „Mein Gegner war ein paar Sekunden lang ohnmächtig. Das habe ich an seinen glasigen Augen gesehen und an seinem schlaffen Körper gespürt. Ich hätte auch weiter gekämpft, aber dann wäre es für ihn richtig schmerzhaf­t geworden.“

Schmerzen sind ein Teil dieser weltweit härtesten Form des Kampfsport­s, die modernen Gladiatore­n spüren sie aber im Käfig nicht wirklich und sie haben gelernt, sie auszublend­en. Stockmann sagt dazu: „Schmerz ist nur ein Gefühl.“Und das Verletzung­srisiko wird seiner Meinung nach übertriebe­n: „Wir sind immer im Training und auf so einen Kampf bereiten wir uns dann noch extra monatelang vor. Im Käfig stehen sich keine Durchschni­ttsmensche­n gegenüber, sondern Athleten.“Irgendwann will er seinen Sport zum Beruf machen, noch kann Stockmann davon nicht leben und deswegen hat er auch schon auf Baustellen gejobbt: „Da habe ich mich öfter und schwerer verletzt als bei meinen Kämpfen.“

Etwa 800 Besucher waren zu dem Spektakel gekommen, das Ex-Weltmeiste­rin Rola El-Halabi in ihrer neuen Rolle als Trainerin der Sportschul­e Molon Labe mit ihrem Mann veranstalt­et hatte. Vorwiegend sachkundig­e, begeistert­e und friedliche Zuschauer mit den Emblemen ihrer Kampfsport­schulen auf den T-Shirts. Sie sahen Kämpfe in den verschiede­nen Stilrichtu­ngen, unter anderem auch den eines erst 15 Jahre alten 120-Kilo-Schwergewi­chtlers mit deutlichem Bartschatt­en. Kosta Papastergi­ou war mit dem Zuspruch zufrieden: „Wir zahlen nicht drauf und wir machen das ja in erster Linie, um unseren jungen Sportlern so eine Bühne zu bieten.“

 ?? Fotos: Alexander Kaya ?? Ob stehend, ob in Bodenlage – in einem MMA Profikampf ist fast alles erlaubt. Toni Stockmann (oben) sicherte sich den Sieg gegen den Brasiliane­r Haroldo Bunn schon Mitte der ersten Runde.
Fotos: Alexander Kaya Ob stehend, ob in Bodenlage – in einem MMA Profikampf ist fast alles erlaubt. Toni Stockmann (oben) sicherte sich den Sieg gegen den Brasiliane­r Haroldo Bunn schon Mitte der ersten Runde.

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